Familie Graschi, Steiermark

Wo Tierwohl und Genuss Hand in Hand gehen

Nur rund zehn Kilometer vom weltbekannten Bundesgestüt Piber in Köflach entfernt, wo die weißen Lipizzaner beheimatet sind, liegt das Anwesen von Andreas und Kathrin Graschi. Eingebettet in die sanften Hügel rund um das weststeirische Dorf Sankt Martin am Wöllmißberg prägt hier eine kleinstrukturierte, oft im Neben- oder Zuerwerb geführte Landwirtschaft das Landschaftsbild.

Stall Familie Graschi

Der Außenklimastall erhielt 2024 den steirischen Tierschutzpreis

Familie Graschi, Steiermark

Betriebsführer Andreas mit Ehefrau Kathrin, Tochter Alexandra und Schwiegermutter Elfi

Betriebsführer DI Andreas Graschi ist mit Leib und Seele Vollerwerbsbauer und hat vor vier Jahren den Hof von seinen Schwiegereltern übernommen. Geprägt von seiner früh entdeckten Begeisterung für die Landwirtschaft und fachlich fundiert durch das Studium der Nutztierwissenschaften an der Universität für Bodenkultur, hat er über die Jahre eine erfolgreiche Mutterkuhherde der Rasse Fleckvieh Nutzungsrichtung Fleisch aufgebaut.

Tierschutzpreis 2024

Im Zuge des Stallneubaues 2021 mit freien Liegeflächen, Stroheinstreu und großzügigem Auslauf wurde das alte Stallgebäude völlig erneuert, für Schlachtung und Direktvermarktung adaptiert und zeitgemäß ausgestattet. Der moderne Außenklimastall, der selbst geplant und gemeinsam mit regional ansässigen Firmen umgesetzt wurde, erhielt im Jahr 2024 eine ehrenvolle Auszeichnung. Eine Jury begutachtete den Rinderstall der Graschis und zeichnete ihn mit dem „Tierschutzpreis“ des Landes Steiermark als Musterbeispiel für besonders tierfreundliches Bauen im ländlichen Raum aus.

Hofbild Familie Graschi

Graschi schwört auf naturnahe Weidehaltung

Weide Familie Graschi

Von Ende März/Anfang April bis etwa Ende Oktober sind die Tiere draußen

Weidehaltung und Heu

Graschi schwört auf naturnahe Weidehaltung, solange es Vegetation und Witterung erlauben. Von Ende März/Anfang April bis etwa Ende Oktober sind die Tiere draußen. Zugefüttert wird lediglich in den Wintermonaten – und das ausschließlich Heu! Im neuen Stallgebäude produziert man mit einer Belüftungsanlage für loses Heu mit Luftentfeuchter bestes Grundfutter. Je nach Schnittzeitpunkt und Qualität des Raufutters erfolgt die Zuteilung an die verschiedenen Altersgruppen der Fleckvieh-Rinder über eine Krananlage.
„Ich habe mich bewusst für eine reine Heufütterung entschieden – die Natürlichkeit und die hohe Grundfutteraufnahme des wohlriechenden Futters sprechen absolut für sich“, so der Fleckviehzüchter. Die Mineralstoffergänzung erhalten die Tiere im Sommer durch Lecksteine. Im Winter wird eine lose Mineralstoffmischung verfüttert.

Wöllmißberger Weiderind

Seit etwa zehn Jahren bietet die Familie Graschi unter dem Markennamen „Wöllmißberger Weiderind“ vielen Stammkunden aus Gastronomie und dem Privatbereich Frischfleisch sowie veredelte Produkte aus der Direktvermarktung an. „Mittlerweile ist das Interesse daran, wie die Tiere gehalten und gefüttert werden, deutlich gewachsen“, erklärt der Betriebsführer.

Fleckvieh-Fleisch aus Überzeugung

Von der Doppelnutzungsrasse Fleckvieh war der Landwirt von Anfang an überzeugt. Die Erhaltung der rassenspezifischen Vorzüge wie der ruhige Charakter, die großteils leichten Kalbeverläufe und die Vererbung korrekter Fundamente sieht er als besonders wichtig. Das Fleckvieh sollte sich seiner Meinung nach aber nicht zu sehr in Richtung Fleisch entwickeln. Am Zuchtbetrieb Graschi wird stark selektiert, wobei die Selektionsentscheidungen erst relativ spät getroffen werden, um körperlich schwächeren Tieren die Chance zu geben, ihren Rückstand noch aufzuholen. Ab-Hof-Verkäufe von Zuchttieren erfolgen meist nach Kundenwunsch. Die Rinder erreichen das schlachtreife Alter mit etwa 22 bis 24 Monaten, wodurch eine optimale Fettabdeckung des Fleisches gewährleistet ist.

Fokus auf Hornlosigkeit

„Die Zucht auf Hornlosigkeit wird bei uns seit vielen Jahren erfolgreich umgesetzt, wobei ich die Aufrechterhaltung anderer wichtiger Merkmale wie zum Beispiel Rahmen- und Fundamentvererbung nicht außer Acht lassen möchte“, meint der Züchter. Während der Wintermonate kommen hauptsächlich die Vererber JAGUAR PP*, INGMAR PP*, GS UROX PP* und GS VERISMO PP* zum Einsatz. Im Sommer, beziehungsweise bei erfolgloser künstlicher Besamung, sorgt der eigene Sprungstier (V: Harley PP*) für die Trächtigkeit der Muttertiere.

Klares Zuchtziel vor Augen

Bei der Auswahl der Besamungsstiere oder der Tiere für die Bestandesergänzung hält der Betriebsführer eine klare Reihenfolge ein: Am wichtigsten ist ihm der Fleischwert in Kombination mit dem Zuchtwert für den paternalen Kalbeverlauf (Einfluss des Stieres auf die Schwere der Geburt). An zweiter Stelle steht der maternale Kalbeverlaufszuchtwert (Kalbeeigenschaften der Töchter eines Stieres), gefolgt von der Entwicklung und dem Charakter des jeweiligen Zuchttieres.

Heubelüftung Graschi
Heutrocknung Familie Graschi mit Kran
Heukran Familie Graschi

Besonderheiten und Blick in die Zukunft

Als echte Besonderheit kann wohl die reine Heufütterung ohne Silage und ohne Kraftfutterergänzung betrachtet werden. Die Zucht auf einen ruhigen Charakter bringt wesentliche Vorteile beim tiergerechten Transport zu den Weideflächen und bei der stressfreien Schlachtung. „Ich lege großen Wert auf eine intakte Mensch-Tier-Beziehung. Weniger Technik im Stall zu haben, dafür mehr bei und mit den Tieren zu arbeiten, ist gut investierte Zeit“, meint der junge Betriebsleiter.
Was die Zukunft angeht, so sind sich Andreas Graschi und seine Frau Kathrin einig: „Wir wollen nicht unbedingt größer werden, aber wir arbeiten an der Effizienz und natürlich auch immer an der Qualität unserer Produkte.“

Stall Familie Graschi

Andreas Graschi setzt auf reine Heufütterung ohne Zugabe von Kraftfutter

Betriebsdaten

Fleckvieh-pure.Beef-Zuchtbetrieb Graschi, St. Martin am Wöllmißberg, Steiermark

Arbeitskräfte: Betriebsführer Andreas und Kathrin

Lage: nördliche Oststeiermark

Seehöhe: 498 m

Betriebsschwerpunkte: Mutterkuhhaltung und Direktvermarktung

Fläche: 58 ha landwirtschaftliche Nutzfläche (Grünland), davon 50 ha gepachtet; 9 ha Wald

Aktueller Tierbestand: 22 Mutterkühe, 36 Kalbinnen und Kälber, 1 Deckstier, 5 Pferde

Fütterung: im Sommer Vollweide, im Winter ausschließlich Heu

Autor: Ing. Ingrid Gspurning, Fleckvieh Austria