Irland

Premiere für Fleckvieh auf der Grünen Insel

Kalbinnen auf der Weide von Dermot Cooke Irland

Irland – Fleckvieh auf der Grünen Insel

Erstmals in der Geschichte der Tullamore Show wurden heuer Fleckvieh-Tiere der Doppelnutzung auf dieser großen Ausstellung präsentiert. Organisiert wurde diese Premiere vom neu gegründeten „Fleckvieh Club Ireland“, einem Zusammenschluss von Doppelnutzungszüchtern und Fleckvieh-Crossbreedern. Auf deren Einladung reiste Reinhard Pfleger von Fleckvieh Austria nach Irland, um als Preisrichter die Fleckvieh-Klassen zu richten.

Die größte Landwirtschaftsmesse Irlands
Die Tullamore Show gilt als die bedeutendste Landwirtschafts- und Zuchttierausstellung Irlands. Auf einem riesigen Ausstellungsgelände präsentierten sich mehr als 700 Aussteller. Rund 1.500 Tiere traten in den unterschiedlichsten Klassen an – von den stark besetzten Fleischrinderabteilungen mit Simmental, Limousin, Charolais und Angus bis hin zu den Dairy-Abteilungen mit Holstein, Jersey oder Dairy-Shorthorn. Über 60.000 Besucher strömten in diesem Jahr zu der eintägigen Veranstaltung.

Fleckvieh setzt Ausrufezeichen
Mit einer kleinen, aber feinen Abteilung setzte der neue Fleckvieh-Club ein klares Signal. Gezeigt wurden eine Kuhklasse und eine Jungrinderklasse. Auch ein Jungzüchterwettbewerb wurde durchgeführt. In der Kuhklasse sicherte sich die harmonische Drittkalbskuh ELLI (V: Wrangler Pp) den Sieg und auch den Gesamt-Championtitel der Schau. Sie setzte sich gegen eine feine Tochter von GS VERISMO PP aufgrund ihrer besseren Balance der Viertelverteilung durch. ELLI wurde 2021 als Jungkalbin vom Zuchtbetrieb Hubert Kapp aus der Steiermark nach Irland exportiert. In der Jungrinderklasse konnte sich eine stark entwickelte NAVIGATOR-Tochter vor einer mit bestem Fundament ausgestatteten MAHANGO Pp-Tochter durchsetzen.

Tullamore Show – Treffpunkt der Rinderzucht-Szene in Irland

Tullamore Show – Treffpunkt der Rinderzucht-Szene in Irland

Reinhard Pfleger überreichte Familie Cook für den historisch 1. Champion-Titel für Fleckvieh auf der Tullamore Show eine Fleckvieh-Austria-Ehrenglocke, die zukünftig als Wanderpreis alljährlich eingesetzt werden soll (zum Artikel auf www.agriland.ie). Peter Cooke, erster Geschäftsführer des Fleckvieh-Clubs Ireland, und Gerard Brickley wurden für ihre Verdienste um die Verbreitung der österreichischen Fleckviehgenetik in Irland mit einem Ehrenpräsent aus Österreich geehrt. Brickley erhielt die Auszeichnung für seine jahrzehntelange Pionierarbeit.

Champion Fleckvieh auf der Tullamore Show 2025: ELLI (V: Wrangler Pp), Züchter: Hubert Kapp, RSTM, Besitzer: Peter Cooke

Champion Fleckvieh auf der Tullamore Show 2025: ELLI (V: Wrangler Pp), Züchter: Hubert Kapp, RSTM, Besitzer: Peter Cooke

Besitzer der Champion-Kuh ist der Betrieb von Peter Cooke. Die Familie bewirtschaftet rund 75 Hektar und hält aktuell rund 250 Stück Vieh. Von den aktuell 88 Kühen in Milch sind 27 reinrassige Fleckviehtiere im Bestand, die aus Österreich und Deutschland importiert wurden. Peter Cooke beschäftigt sich auch intensiv mit der Kreuzungszucht von britischen Friesian mit österreichischen Fleckviehstieren. Die Aufzucht der Jungrinder erfolgt im Vegetationszeitraum von März bis Oktober vollständig auf Weidebasis.

Zwei elegante Fleckviehkühe auf der Tullamore Show 2025: GS VERISMO PP-Tochter (li.) und WRANGLER Pp-Tochter (re.), Besitzer: Peter Cooke

Zwei elegante Fleckviehkühe auf der Tullamore Show 2025: GS VERISMO PP-Tochter (li.) und WRANGLER Pp-Tochter (re.), Besitzer: Peter Cooke

Erster „Rinderzucht Austria Tag“ in Irland
Im Rahmen der Reise organisierte der Fleckvieh-Club Ireland den ersten „Cattle Breeders Austria Day“. Gastgeber war der Betrieb von Familie Dermot Cooke in der Provinz Tipperary. Rund 25 Züchterfamilien aus ganz Irland nahmen teils stundenlange Anreisen in Kauf, um an diesem Praxistag teilzunehmen. Das Referenten-Team, bestehend aus aus Reinhard Pfleger (Fleckvieh Austria), Peter Kreuzhuber (Genetik Austria) und Hans Kerkhof (Fleckvieh-Crossbreeding-Experte aus den Niederlanden), bot ein mehrstündiges Fachprogramm.
Reinhard Pfleger erklärte anhand von zwei Kühen der Herde von Familie Cooke die Grundprinzipien der Exterieur-Beurteilung nach FleckScore und die damit verbundene Zuchtphilosophie von Fleckvieh Austria. Er erläuterte den Zusammenhang zwischen der äußeren Erscheinung der Tiere und Merkmalen wie Langlebigkeit, Tiergesundheit und Arbeitsqualität. Als weiteren Schritt wurden Überlegungen zur gezielten Paarung der Tiere und die Nutzung von EDV-unterstützen Anpaarungssystemen in Österreich diskutiert.

Die Referenten des 1. Rinderzucht-Austria-Tages in Irland mit Dermot und William Cooke

Die Referenten des 1. Rinderzucht-Austria-Tages in Irland mit Dermot und William Cooke

Reinhard Pfleger gibt Informationen, wie in Österreich Fleckvieh gezüchtet wird

Reinhard Pfleger gibt Informationen, wie in Österreich Fleckvieh gezüchtet wird

Hans Kerkhof verdeutlichte die Stärken von F1-Kreuzungstieren der Kombination Fleckvieh x Holstein. Er erklärte die Wirkung des Heterosiseffekts und dessen Einfluss auf die Verbesserung von Stärke, Substanz und Robustheit der Kühe. Weiters strich er die hervorragende Nutzbarkeit dieser Kreuzungsnachkommen für die graslandbasierte Rindermast hervor.

Hans Kerkhof erklärt das Prinzip des „Crossbreedings“ mit Fleckvieh

Hans Kerkhof erklärt das Prinzip des „Crossbreedings“ mit Fleckvieh

Zwei starke Fleckviehkühe in der 3. Laktation am Betrieb von Dermot Cooke: WESTWIND Tochter (li.) und HEXAGON Tochter (re.)

Zwei starke Fleckviehkühe in der 3. Laktation am Betrieb von Dermot Cooke: WESTWIND Tochter (li.) und HEXAGON Tochter (re.)

Die weidebasierte Milchproduktion mit geringem Kraftfuttereinsatz prägt den Betrieb der Familie Dermot Cooke: Aktuell werden 70 Kühe mit einer Tagesleistung von rund 27 Kilogramm Milch gehalten. Zum Weidegang werden nur rund drei Kilogramm Kraftfutter pro Tier zugefüttert. In den letzten beiden Jahren wurde GS DER BESTE stark eingesetzt. Im Moment steht am Besamungsplan MEGASTAR Pp, aufgrund der vielfach in Irland gesuchten Kombination aus guten Inhaltsstoffen und normalem Abkalbeverhalten, hoch im Kurs.

Besuch bei Fleckvieh-Fan in England
Die Reise nach Irland wurde auch für einen weiteren Besuch eines langjährigen Kunden der geneticAUSTRIA in England genutzt. Asher Seddon bewirtschaftet mit seiner Familie einen rund 70 Hektar großen Betrieb in der Grafschaft Derbyshire im Osten von England. Die Herde umfasst rund 300 Kühe und hat ein Produktionsniveau von 8.000 Kilogramm Milch. Die Fütterung basiert auf Maissilage, die zu 100 Prozent zugekauft wird, und Nebenprodukten der Lebensmittelindustrie sowie Weidegang. Vor einigen Jahren begann Asher seine Holsteins in einem Crossbreeding-Programm mit österreichische Fleckvieh-Stieren zu besamen. Sein Ziel war es, mehr Körperstärke, Substanz und bessere Milchinhaltsstoffe in seine Herde zu implementieren. Dass diese Strategie zu einigen beeindruckenden Kühen führte, konnte anhand der Herde bestätigt werden. Im Kälberstall stehen aktuell 15 neugeborene Kälber von MONORON.

Asher Seddon inmitten seiner Herde

Asher Seddon inmitten seiner Herde

GS WURZL-Tochter mit 50 Prozent Fleckvieh-Anteil

GS WURZL-Tochter mit 50 Prozent Fleckvieh-Anteil

GS WURZL-Tochter mit 75 Prozent Fleckvieh-Anteil

GS WURZL-Tochter mit 75 Prozent Fleckvieh-Anteil

15 Kälber von MONORON im Stall von Asher Seddon

15 Kälber von MONORON im Stall von Asher Seddon

Graslandbasierte Produktionssysteme
Die Milch- und Fleischproduktion in Irland und Großbritannien ist grundsätzlich geprägt von graslandbasierten Low-Input-Systemen mit mittelhohen Milchleistungen bei geringem Kraftfuttereinsatz und einfachen, kostenextensiven Stallbauten. Aufgrund des hohen Weideanteils wird ein nicht allzu schwerer Kuhtyp mit problemlosen Abkalbungen und Stärken in den Milchinhaltsstoffen bevorzugt. Milch wird überwiegend mit einseitigen Milchrassen produziert. Bei diesen Rassen ist der Einsatz von gesextem Sperma inzwischen nahezu flächendeckend Standard. Die Beef-on-Dairy-Strategie hat als Folge davon in den letzten Jahren starke Zuwächse erfahren, aber auch Crossbreeding mit Fleckvieh hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Die zuletzt stark steigenden Preise für Rindfleisch – aktuell ist hier Irland EU-weiter Spitzenreiter – schaffen zusätzliche Marktchancen für Fleckvieh, insbesondere für männliche Kreuzungskälber, die zukünftig auch mit geschlechtsgetrenntem männlichen Sperma produziert werden könnten.

Starke Fleckvieh-F-1-Kreuzungskalbinnen am Betrieb von Peter Cooke

Starke Fleckvieh-F-1-Kreuzungskalbinnen am Betrieb von Peter Cooke

Fazit und Chance
Die aktuellen veterinärrechtlichen Bestimmungen erlauben derzeit keinen Export lebender Zuchtrinder nach Irland und England. Umso mehr eröffnen sich aktuell attraktive Marktchancen für österreichische Fleckviehgenetik in Form von Samen. Nicht nur für die Reinzucht, sondern vor allem mit großem Potential für Crossbreeding-Programme auf einseitige Milchrassen. Besonders die seit kurzem in Österreich mögliche Eigenproduktion von geschlechtsgetrenntem Sperma von Spitzenstieren – sowohl weiblicher als auch männlicher Art – kann hier neue Türen öffnen. Dieses Angebot stößt bei irischen Fleckviehzüchtern auf reges Interesse, welches es in der nächsten Zeit zu nutzen gilt.

Autor: Ing. Reinhard Pfleger, Fleckvieh Austria