Lahmheiten und Klauenläsionen gehören zu den wichtigsten Krankheitsbildern in der Milchviehhaltung. Sie beeinträchtigen Milchleistung, Fruchtbarkeit und Tierwohl erheblich und wirken sich somit direkt auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebes aus.
Fruchtbarkeitsstörungen sind mit 24,2 Prozent die häufigste krankheitsbedingte Abgangsursache von Milchkühen in Österreich, gefolgt von Eutererkrankungen (13,2 Prozent) und Klauen- und Gliedmaßenerkrankungen (7,5 Prozent)¹. Lahmheiten in der Frühlaktation sind besonders kritisch, da sie in der Phase mit der höchsten Milchleistung auftreten und sich negativ auf den nächsten Fruchtbarkeitszyklus auswirken können². Lahme Kühe zeigen reduziertes Brunstverhalten, fressen weniger und verlieren Körperfett. Der Fettpolster in der Klaue, welcher als Art „Puffer“ dient, schrumpft, was zu einem erhöhten Risiko für Klauenerkrankungen führt³. Dieses Energiedefizit kann Ketose verursachen und die Eierstockaktivität beeinträchtigen. Das Risiko für einen verspäteten Zyklusbeginn ist bei lahmen Kühen 3,5-mal höher als bei nicht lahmen Tieren.
Kontrolle des Zwischenklauenwinkels – Klauen-Positions-Score (Bild: Ao. Univ.-Prof. Dr. med. vet. Johann Kofler, Dip. ECBHM)
Lahmheiten frühzeitig erkennen
Sprecher et al. (1997) entwickelten ein System zur Beurteilung von Lahmheiten anhand eines Locomotion-Scorings (LSC 1–5), mit dem Lahmheiten frühzeitig erkannt und betroffene Tiere rasch identifiziert und behandelt werden können – um Folgeschäden möglichst zu vermeiden. Neben dieser Gangbildbewertung kann auch der sogenannte Zwischenklauenwinkel (Klauen-Positions-Score) Hinweise auf Lahmheiten bzw. bevorstehenden Lahmheiten geben. Tiere, die hier auffällig sind, zeigen oft noch keine sichtbaren Lahmheitssymptome, haben aber ein deutlich erhöhtes Risiko, in Kürze lahm zu werden. Zur Beurteilung stellt man sich etwa 1–1,5 Meter hinter die Kuh (z. B. im Fressgitter stehend) und schätzt den Winkel zwischen der Körpermittellinie und einer gedachten Linie durch den jeweiligen Zwischenklauenspalt beider Hintergliedmaßen.
Lahmheit kostet
Untersuchungen belegen, dass es erhebliche Unterschiede in der Milchproduktion zwischen stets lahmfreien und stark lahmen Kühen (LSC 4 und 5) gibt. Lahme Kühe produzieren im Schnitt bis zu 470 Kilo weniger Milch, 14 Kilo weniger Fett und 17 Kilo weniger Eiweiß. Je nach Milchpreis summieren sich diese Verluste auf etwa 300 Euro pro Tier und Laktation. Zusätzlich ist die Güstzeit bei lahmen Kühen durchschnittlich um etwa 3 Wochen verlängert. Kühe mit einem Lahmheitsgrad von 3 oder höher haben eine 2,8-mal höhere Wahrscheinlichkeit, später besamt zu werden, und eine 15-mal höhere Wahrscheinlichkeit, mehrere Besamungen zu benötigen, um trächtig zu werden. Neben den Verlusten durch reduzierte Milchleistung kommen noch Tierarztkosten sowie der erhöhte Aufwand hinzu. Studien zeigen, dass die Kosten pro lahme Kuh insgesamt zwischen 450 und 700 Euro liegen – im Vergleich dazu kostet eine Klauenpflege nur etwa 15 Euro pro Kuh!
Den ganzen Artikel mit allen wichtigen Informationen lesen Sie im Fleckvieh Austria Magazin Ausgabe 3/25.
Den Podcast zu diesem Artikel finden Sie hier: Podcast Lahmheiten
Quellen:
1 Zuchtdata, 2020
2 Bicalho et al., 2008; Kofler et al., 2021
3 Bicalho et al., 2009
4 Garbarino et al., 2004; Ribeiro et al., 2016
(Auszug aus dem Artikel „Klauengesundheit ist kein Luxus, sondern die Basis für Leistung“ von Dr. Julia Schoiswohl, FTA für Wiederkäuer, HBLFA Raumberg-Gumpenstein, Fleckvieh Austria Magazin 3/25)