Fleckviehzucht im europäischen Dialog

Exterieur-Spezialisten treffen sich in Österreich

Im Oktober 2025 trafen sich die Ländervertreter der Arbeitsgruppe Exterieur der Europäischen Vereinigung der Fleckviehzüchter (EVF) in Österreich. Austragungsort des diesjährigen Treffens waren die Räumlichkeiten der GENOSTAR Rinderbesamung in Gleisdorf in der Steiermark.

Die Arbeitsgruppe Exterieur zählt zu den aktivsten Gruppierungen innerhalb der EVF. Ihr Ziel ist die europaweite Harmonisierung der linearen Beschreibung von Fleckviehkühen mittels FleckScore sowie die fachliche Weiterbildung der Ländervertreter in Exterieur- und Züchtungsfragen.

Großes Interesse

Der Leiter der Arbeitsgruppe, Reinhard Pfleger, konnte Vertreter aus 13 Mitgliedsländern der EVF in Österreich begrüßen. Der starke Zuspruch zeigt einerseits das große Interesse an dem zweitägigen Fachprogramm und unterstreicht andererseits die enge Kooperation der europäischen Fleckviehländer.

Praxis im Mittelpunkt

Der erste Seminartag stand ganz im Zeichen der praktischen Anwendung von FleckScore zur linearen Beschreibung von Fleckviehkühen. Für diese Einheit bot der Zuchtbetrieb von Barbara und Benedikt Hiebaum in St. Margarethen an der Raab ideale Bedingungen. Im Auslauf des Betriebs standen sechs Fleckvieh-Jungkühe zur Bewertung bereit.

Der Zuchtbetrieb von Familie Hiebaum bot optimale Bedingungen für die Praxiseinheit des Seminars

Der Zuchtbetrieb von Familie Hiebaum bot optimale Bedingungen für die Praxiseinheit des Seminars

Die Beurteilung erfolgte Mithilfe des Online-Tools www.fleckscore.com. Die anschließende Auswertung der individuellen Bewertungen im Vergleich zur Referenz wurde mithilfe des integrierten Tools FleckSchool durchgeführt. Damit konnten die Teilnehmer ihre Ergebnisse unmittelbar analysieren und gemeinsam mit den Chefbewertern aus Deutschland und Österreich diskutieren. Diese Form der Praxiseinheit dient nicht nur der Justierung des eigenen Beurteilungsauges, sondern auch der weiteren Harmonisierung der FleckScore-Bewertungen auf internationaler Ebene.

Der Fleckvieh-Zuchtbetrieb Hiebaum umfasst aktuell 113 Kühe mit einem Herdendurchschnitt von 12.900 Kilogramm Milch und hat in den vergangenen Jahren eine beachtliche betriebliche Entwicklung in Zucht und Management vollzogen.

Familie Hiebaum

Familie Hiebaum

Hubert Anzenberger

Hubert Anzenberger

Zufriedene Gesichter nach der Praxiseinheit am Betrieb Hiebaum

Zufriedene Gesichter nach der Praxiseinheit am Betrieb Hiebaum

Österreich-Abend

Auf Einladung von Fleckvieh Austria konnten die Teilnehmer einen Abend mit typisch österreichischer Gastlichkeit im Weinhof Sax in Prebensdorf genießen. Bei regionalen steirischen Köstlichkeiten bot sich in angenehmer Atmosphäre die Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch.

Hochkarätiges Fachprogramm

Der zweite Seminartag stand im Zeichen der fachlichen Weiterbildung mit einer Reihe von Vorträgen zu aktuellen Themen rund um die Fleckviehzucht.

Sebastian Auernig, Präsident der Fleckvieh Welt- und Europavereinigung und Obmann von Fleckvieh Austria, referierte zum Thema „Zuchtziel Fleckvieh – Erweiterung der gemeinsamen Zuchtwertschätzung in Europa“. Er gab einen Überblick über die Entwicklung des Zuchtziels mit Selektion nach dem Gesamtzuchtwert, zeigte die Vorteile der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auf und informierte über die laufenden Bestrebungen, weitere Länder in das gemeinsame System der Zuchtwertschätzung zu integrieren.

Dr. Shahrbanou Hosseini von der LfL präsentierte aktuelle Ergebnisse der Exterieur-Beurteilungen jener Länder, die Phänotypen in die Zuchtwertschätzung Exterieur einbringen. Aktuell sind dies Deutschland, Österreich, Tschechien, Italien und die Slowakei. Sie zeigte regionale Unterschiede in der Erfassung einzelner Merkmale auf und betonte die Bedeutung einer korrekten Erfassung von Mängeln, da diese die Komplexnoten für Fundament und Euter deutlich beeinflussen können.

Reinhard Pfleger berichtete über die Auswertung der Länderumfrage des letzten Treffens der Arbeitsgruppe in Italien im vergangenen Jahr. Als Ergebnis daraus wurde die Testung neuer Exterieurmerkmale beschlossen – konkret Schenkeleuterhöhe, Schenkeleuterbreite, Brustbreite und Beckenbreite sowie die Erfassung des Mangels Schenkeleuterextrem.

Thomas Pfaller von der LfL erläuterte anhand grafischer Darstellungen die Definitionen dieser neuen Testmerkmale, die seit November 2024 von den Kollegen der LfL erhoben werden. Hubert Anzenberger, ebenfalls von der LfL, präsentierte erste Ergebnisse dieses Testlaufs, in dem bereits bei über 20.000 Jungkühen diese Testmerkmale zusätzlich erfasst wurden. Die Auswertungen zeigten interessante Erkenntnisse zur Verteilung der Ausprägungen sowie zu den Wechselbeziehungen mit bestehenden Exterieurmerkmalen. Ziel der Arbeitsgruppe ist es, die testweise Erfassung fortzuführen, um im nächsten Schritt die Korrelation der Testmerkmale zur Langlebigkeit der Kühe sowie deren Erblichkeitsgrade wissenschaftlich fundiert begleitet zu berechnen. Auf Basis dieser Erkenntnisse soll anschließend über eine mögliche Einführung neuer linearer Merkmale und Mängel und deren Gewichtung in den Komplexnoten Fundament und Euter entschieden werden.

Hermann Schwarzenbacher von der ZuchtData in Wien referierte zum Thema „Langlebige Kühe und ihr Exterieur“. Er zeigte die Zusammenhänge zwischen Nutzungsdauer, Lebensleistung und den einzelnen Exterieurmerkmalen auf. Für eine lange Nutzungsdauer sind vor allem ein mittlerer Rahmen, ein hoher Euterboden und eine gute Voreuteraufhängung entscheidend. Für eine hohe Lebensproduktivität erweisen sich Euterlänge und Zentralband als bedeutende Einzelmerkmale. Schwarzenbacher präsentierte zudem weitere Auswertungen, die die gute Vorhersagegenauigkeit der Exterieurzuchtwerte im genomischen System bestätigen.

Präsident Auernig informierte über den aktuellen Stand der gemeinsamen Zuchtwertschätzung für Fleckvieh.

Präsident Auernig informierte über den aktuellen Stand der gemeinsamen Zuchtwertschätzung für Fleckvieh.

Die Referenten des Treffens der Arbeitsgruppe Exterieur der EVF in Österreich (nicht am Bild: Präsident Auernig)

Die Referenten des Treffens der Arbeitsgruppe Exterieur der EVF in Österreich (nicht am Bild: Präsident Auernig)

GENOSTARs live

Eine willkommene Abwechslung zu den theoretischen Inhalten bot die Präsentation aktueller Stiere von GENOSTAR. Geschäftsführer Peter Stückler stellte eine Auswahl topinteressanter Jungvererber wie GS METRIS Pp*, GS HOTDOG und GS MC BAUER Pp* vor. Mit WINTERTRAUM und GS WUHUDLER wurden zudem zwei Altstars der Fleckviehzucht präsentiert. Mit der Stierpräsentation gelang es, den internationalen Gästen die Zuchtphilosophie von GENOSTAR bei der Rasse Fleckvieh sowie die Breite des Genetikangebots anschaulich zu vermitteln.

Die Stierpräsentation bei GENOSTAR war ein Highlight der diesjährigen Tagung

Die Stierpräsentation bei GENOSTAR war ein Highlight der diesjährigen Tagung

Länderberichte bringen wichtigen Überblick

Abschließend erhielten die Vertreter der 13 anwesenden Mitgliedsländer der EVF die Gelegenheit, über die aktuelle Situation der Fleckviehzucht in ihrem Land zu berichten. Dadurch entstand ein umfassendes Bild über die Entwicklung der Fleckviehpopulation in den verschiedenen Zuchtregionen Europas.

Zudem beantworteten die Ländervertreter die Frage, in welchen Exterieurmerkmalen sich die Fleckviehpopulation in den letzten Jahren nicht in die gewünschte Richtung entwickelt hat. Die Verantwortungsträger der Arbeitsgruppe werden diese Rückmeldungen erneut analysieren und daraus die notwendigen Schlüsse für die Weiterentwicklung des Systems FleckScore in den kommenden Jahren ziehen.

Dank und Ausblick

In der abschließenden Feedback-Runde hoben die Ländervertreter den hohen Mehrwert der Veranstaltung in Österreich hervor und formulierten zugleich Anregungen für künftige Treffen.

Als zusätzlicher sportlicher Anreiz wurde von der EVF ein Wanderpokal gestiftet, der an jenen Bewerter vergeben wird, dessen Bewertungen die geringsten Abweichungen zur Referenz aufweisen. Diese neue Auszeichnung ging an Johannes Penz aus Österreich.

Abschließend gilt der Dank dem Team von GENOSTAR und der Rind Steiermark für die hervorragende Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung des zweitägigen Seminars sowie der Züchterfamilie Hiebaum für die Öffnung ihrer Stalltür und die gewährte Gastfreundschaft.
Die nächste Auflage des Treffens der Arbeitsgruppe Exterieur der EVF ist für den Herbst 2027 geplant.

Autor: Ing. Reinhard Pfleger, Leiter Arbeitsgruppe Exterieur der EVF
Fotos: Fleckvieh Austria, ASR

weitere interessante News