Familie Werlberger, Tirol

Eine Familie für die Fleckviehzucht

Familie Werlberger vulgo Fohringhof aus Wörgl im Tiroler Unterland kann auf eine erfolgreiche Fleckviehzucht von mehr als 50 Jahren zurückblicken. Am Betrieb stehen aktuell 24 Kühe und 28 Aufzuchttiere, die im Kombinationshaltungssystem mit Heimweide und Alpung gehalten werden. Ebenso stehen noch 30 Mutterschweine mit Nachzucht am Betrieb.

Die Hofstelle liegt in der Stadtgemeinde Wörgl auf 558 Meter Seehöhe mit circa 15.000 Einwohnern, etwa 55 Kilometer Luftlinie östlich der Landeshauptstadt Innsbruck und 20 Kilometer von der Festungsstadt Kufstein entfernt. Der größte Teil der ortsansässigen landwirtschaftlichen Betriebe sind auf Rinderzucht und Milchwirtschaft ausgerichtet. Der Tourismus nimmt bei den Wörgler Bauern eine untergeordnete Stellung ein.

Erbhof seit Generationen

Außerhalb des Stadtgebietes von Wörgl gelegen im Ortsteil Weiler bewirtschaftet Familie Werlberger den Zuchtbetrieb schon in der 5. Generation. Der Betrieb wurde als Erbhof vom Land Tirol im Jahre 2016 ausgezeichnet und eingetragen. Seit 1816 steht der Betrieb Vulgo „Fohringhof“ im Familienbesitz. Betriebsführer Hubert bewirtschaftet mit seiner Frau Elisabeth den Betrieb seit dem Jahre 2003. Sein Vater Hubert sen. begann mit der Fleckviehzucht im Jahre 1970. Die Kinder Hubert jun., Johannes, und Simon arbeiten und unterstützen die Eltern regelmäßig am Hof. Besonders die Zucht hat bei den drei Jungzüchtern eine besondere Leidenschaft entwickelt.

Elisabeth engagiert sich im Ehrenamt der Stadt Wörgl als Stadträtin und Referentin für die Bereiche Bildung, Soziales und Gesundheit und als Ortsbäuerin vertritt sie die Landwirtschaft der Region. Auch im Kammerwesen werden die Bereiche Direktvermarktung, Erwerbskombination und Dienstleistungen mit voller Energie vorangetrieben.

Betriebsleiter Hubert ist seit 2016 als Obmann des Gebietes Wörgl und Umgebung im Rassenausschuss Fleckvieh der Rinderzucht Tirol tätig. In der Gemeinde kümmert sich Hubert als Gemeinderat um die Anliegen der Landwirtschaft.

Alle Tiere werden über die Sommermonate auf die eigene Scharlingtalalm im 22 km entfernten Westendorf-Ortsteil Windau auf 1.150 Meter Seehöhe gealpt. Das Jungvieh wird auf der Hochalm Raichaalm, die auf 1800 Meter liegt, gesommert.

Die Hofstelle der Familie Werlberger am Stadtrand von Wörgl. Foto Privat

Die Hofstelle der Familie Werlberger am Stadtrand von Wörgl

Familie Werlberger Hubert und Elisabeth mit den Söhnen Hubert, Johannes und Simon mit 100000 Liter Golden Girl Munter Foto Privat

Familie Werlberger Hubert und Elisabeth mit den Söhnen Hubert, Johannes und Simon mit 100.000-Liter-Golden-Girl MUNTER

Auf der Scharlingtalalm werden die Kühe ab Mitte Mai bis Ende September gealpt_Foto Privat

Die Scharlingtalalm im 22 km entfernten Westendorf-Ortsteil Windau auf 1.150 Meter Seehöhe

Zuchtmanagement

In der Zuchtstrategie sind sich die Werlbergers einig: Sie wollen eine alpungstaugliche, problemlose Fleckviehkuh züchten, die im Doppelnutzungstyp steht und ausbalanciert mit guten Fundamenten und Eutern ausgestattet ist. Inhaltsstoffvererbung und eine gute Milchleistung mit bester Eutergesundheit finden ebenso Beachtung. Um diese Merkmale auch rasch in der Zucht nutzen zu können, wird eine Besamungsquote von über 80 Prozent mit genomischen Jungvererbern angestrebt. Die genomische Testung von fast der gesamten Nachzucht wurde seit dem Projekt FoKUHs auch weiterforciert. Betriebsleiter Hubert versucht, regelmäßig die Beratung vom Zuchtverband speziell im Bereich der gezielten Anpaarung zu nutzen. Bei der Stierauswahl können sich auch die „Werlberger-Jungs“ an der Entscheidungsfindung beteiligen. Der Einsatz von hornlosen Vererbern wird noch zögerlich angewendet. Zur eigenen Auswahl der Besamungsstiere wird für die Entscheidungsfindung auch ein Blick auf den Optibull-Vorschlag geworfen. Der Betriebsleiter ist schon erfolgreich seit 1996 Eigenbestandsbesamer; Sohn Hubert hat die Ausbildung ebenfalls schon durchgeführt und besamt bereits. Derzeit werden folgende Stiere am Betrieb eingesetzt: HERZPOWER, HEPHAISTOS, MCFIRE, SUPERBOY, ZASCHKA.

M-Kuhlinie

Als Aushängeschild in der Herde kann die M-Kuhlinie mit der Stammkuh MUNTER, einer EILIG-Tochter, angesehen werden. Sie ist auch die älteste Kuh am Betrieb, geboren im Jahre 2006. Sie steht immer noch vital im Stall und ist die Leitkuh auf der Weide und der Alm. Bei der Landesschau 2022 und der Gebietsschau 2023 in Rotholz konnte sie erfolgreich präsentiert werden. Bei der Landesschau wurde MUNTER mit der Ehrenglocke für die älteste Kuh bei der Schau ausgezeichnet. Bis in die 1960er Jahre lässt sich der Stammbaum rückverfolgen. Die besonderen Stärken liegen im Exterieur, in der Unauffälligkeit und dem problemlosen Umgang. Beim Fohringhof stehen aktuell fünf Kühe mit über 50.000 kg Lebensleistung. „Auf unsere Dauerleitungskühe sind wird besonders Stolz“, schwärmt Betriebsleiter Hubert. Besonders auf der Alm sind sie problemlos und genießen die schöne Almzeit in den Tiroler Bergen. Fast alle Schaukühe stehen immer noch am Betrieb und überzeugen mit ihrem sehr guten Exterieur. Durch die genomische Testung konnten auch einige interessante Tiere mit guten Ergebnissen aufwarten.

Schau und Vermarktung

In den letzten Jahren konnten weibliche Zuchtkälber ab Hof an Züchterkollegen vermarktet werden. Für die Direktvermarktung werden auch Mastrinder selektiert. Vereinzelt werden auch Milchkühe und Zuchtstiere in Rotholz zum Kauf angeboten. Der Betrieb Werlberger konnte in den letzten Jahren bei vielen Tierschauen regional und überregional erfolgreich teilnehmen. Ein besonderes Ereignis im züchterischen Kalender der Familie war die Teilnahme beim Bundesjungzüchterchampionat 2017 und 2019. Die Söhne Johannes und Hubert jun. konnten beides Mal den Bundestypsieg bei Fleckvieh erreichen und somit zweimal hintereinander diesen Titel nach Tirol holen. „Wir sind begeisterte Schauteilnehmer und besonders stolz auf unsere Jungs“, so Elisabeth und Hubert.

Bei den Schauen kommen auch die Emotionen nicht zu kurz. Die Werlbergerjungs sind bei den Schauen voll in Ihrem Element_Foto Penn

Bei den Schauen kommen auch die Emotionen nicht zu kurz. Die Werlberger Jungs sind bei den Schauen voll in ihrem Element.

Folgende Schauen wurden mit Tieren besucht:

• Bundesschau Jungzüchter 2017, 2019, 2023
• Landesschau 2006, 2011, 2016, 2023
• Gebietsschauen 2003, 2012, 2023
• Jungkuhexplosion 2020, Jungzüchterschau Bezirk Kufstein 2023
• 3-Länderschau 2009
• Ladies Night 2015
• Formel 50.000 2008

Gesamtsiegerin GELI (V: Edelstein) anlässlich der Gebietsschau in Rotholz 2023_Foto Leitner

Gesamtsiegerin GELI (V: Edelstein) anlässlich der Gebietsschau in Rotholz 2023

Beim Bundesjungzüchtercup 2019 konnte die Kuh SABRINA (V: Sesam) den Gesamtsieg erzielen. Bei der Landeeschau 2022 in Rotholz erreichte Sie den 3. Gesamtrang bei den Mittelalten Kühen.

Beim Bundesjungzüchtercup 2019 konnte die Kuh SABRINA (V: Sesam) den Gesamtsieg erzielen. Bei der Landeeschau 2022 in Rotholz erreichte Sie den 3. Gesamtrang bei den mittelalten Kühen.

STRELLAS-Tochter ESTHER konnte auch erfolgreich bei Schauen teilnehmen

STRELLAS-Tochter ESTHER konnte auch erfolgreich bei Schauen teilnehmen

Direktvermarktung

Die Direktvermarktung nahm ab dem Jahr 2016 einen neuen Stellenwert ein. Vorher wurde noch die ortsansässige Kompostieranlage betrieben. Dann entschloss man sich, in der Direktvermarktung ein zweites Standbein aufzubauen. Elisabeth übernimmt in diesem Bereich das Management. Der Schwerpunkt der Produkte liegt beim Verkauf von Frischfleisch – hauptsächlich Schwein (was den größten Teil ausmacht), Rind sowie Masthühner. Der Werbeslogan „geboren und geschlachtet am Betrieb“ wird von den Kunden besonders geschätzt. Alle Produkte können über den Hofladen oder direkt bei Familie Werlberger erworben werden. Ein wichtiger Schwerpunkt beim Fleischverkauf ist die komplette Verwertung aller Fleischteile nicht nur der Edelteile. Speck, Kaminwurzen, Frische Würstl, Fleischkäse und auch die Eierproduktion von den 200 Legehühnern aus Freilandhaltungssystem sind erhältlich. Im Hofladen kann natürlich rund um die Uhr Frischmilch gekauft werden. Ganzjährig wird auch aus der eigenen Milch mit einem mobilen Käser der klassische Bergkäse und Schnittkäse verschiedener Sorten erzeugt. Sohn Johannes hat die Lehre als Käser begonnen und möchte sich am Betrieb in der Milchverarbeitung einbringen. Hubert jun. übt sein Metzgerhandwerk bereits aktiv am Fohringhof aus.

Aussicht in die Zukunft

Unser Ziel wäre es, dass der Betrieb im Vollerwerb durch Mithilfe aller Familienmitglieder weiterhin geführt werden kann. Bauliche Maßnahmen im Bereich der Direktvermarktung sind in nächster Zeit geplant, um die Herausforderungen zu meistern und den vorgeschriebenen Hygienestandards entsprechen zu können. „Die gesunde und vitale Fleckviehkuh, die alpungstauglich ist, möchten wir auch weiterhin züchten“, sind sich die Werlbergers einig.

Betriebsdaten

Elisabeth und Hubert Werlberger, vulgo „Fohringhof“, Weiler Haus 10, 6300 Wörgl

Lage: 558 m ü. MH, Ø 1.135 mm Niederschlag

Familie:
Hubert und Elisabeth (Betriebsleiterehepaar) mit den Kindern Hubert jun., Johannes und Simon

Betriebsgröße:
14 ha Grünlandfläche (davon 3,5 ha Pachtfläche), 2,0 ha Maisfläche, 35 ha Wald, 106 ha Almfläche im Eigenbesitz

Haltung:
Kombinationshaltung; Rohrmelkanlage; Kälber auf Tiefstreu

Herdenkennzahlen:
Ø Zellzahl 49.000; Ø Erstkalbealter 31,6 Monate, Ø Zwischenkalbezeit 380 Tage, Ø Lebensleistung 27.347 kg Milch

Milchleistungsentwicklung:

Leistungsdaten Betrieb Werlberger

Autor: Hannes Leitner, Tirol
Fotos: KeLeKi, Hannes Leitner, Mathias Penn, Privat