Zuchtprogrammschau von Weltklasse

Bundesfleckviehschau 2011

Von 7. bis 10. September wurde im Rahmen der Rieder Landwirtschaftsmesse ein Teil der wertvollsten Zuchtrinder Österreichs einem begeisterten Publikum präsentiert. Die wiederum als echte Zuchtprogrammschau konzipierte Veranstaltung, die erste im Zeitalter der Genomselektion, konnte mit Qualität und Innovation neue Maßstäbe setzen.

Preisrichter Dr. Alfred Weidele verwies auf das perfekte Exterieur der ausgestellten Tiere, ganz besonders auf die überragende Euterqualität und verlieh der Schau schlicht und einfach das Prädikat „Weltklasse“.

Das Tiroler Team bei der Eröffnungszeremonie der Bundesfleckviehschau 2011 in Ried

Insgesamt wurden von den elf Mitgliedsverbänden der AGÖF (Fleckvieh-Austria) 171 Zuchtrinder ausgestellt und besonders am Donnerstag, dem Tag der Entscheidungen, war die Tierarena bis auf den letzten Platz gefüllt, darunter Experten und Kaufinteressenten aus 21 Ländern. Mit einer besonders starken Delegation war die Türkei vertreten – offizielles Partnerland der Bundesschau 2011.

Das Preisrichten

Die 116 zum Preisrichten vorgestellten Kühe zeigten eindrucksvoll und ausnahmslos, dass eine Zuchtprogrammschau und eine Parade von Traumkühen mit perfektem Exterieur für Fleckvieh keinen Widerspruch darstellen. Das Limit für den Gesamtzuchtwert lag bei den Jungkühen bei 112 und bei den Stiermüttern bei 115. Sämtliche Tiere entsprachen dem angestrebten Fleckviehtyp, zeigten Funktionalität mit fehlerlosen Fundamenten und verzauberten das internationale Publikum mit fantastischer Euterqualität. Die Dauerleistungskühe beeindruckten mit Lebensleistungen bis deutlich über 100.000 kg Milch – ihr fortgeschrittenes Alter war ihnen in keiner Weise anzusehen. Einerseits ein Genuss andererseits ganz bestimmt eine äußerst schwierige Aufgabe für einen Preisrichter, die feinen Unterschiede auszumachen und alle 15 Gruppen fachlich fundiert durchzureihen. Dr. Alfred Weidele, Zuchtleiter des Rinderzuchtverbandes Baden Württemberg, Deutschland, meisterte diese Aufgabe trotz des vorgegebenen engen Zeitrahmens mit Bravour. Seine Ergebnisbegründungen waren klar strukturiert und gut nachzuvollziehen. Besonders erfreut waren viele unserer internationalen Gäste über die kurzen Extrakommentare in englischer Sprache. Auch die zwischenzeitliche Hürde „ORF-Interview“ meisterte er locker und souverän – so manchen hätten die Fragen nach der Medienkuh „Ivonne“ wohl eher genervt als belustigt….

Genetik der Schau

Neben VULVUS, der mit seiner Töchtergruppe absolut überzeugen konnte, setzten andere, schon ganz prominente Vererber mit ihren zahlreichen Töchter sozusagen aus dem Schaukontingent heraus ganz klare Ausrufezeichen. Es war auch die „Schau des RAU“, der mit 15 Töchtern vertreten, davon drei auf Platz 1 gereiht und „seiner“ Kuhfamilie als Sieger bei den genomischen Kuhlinien, alle überraschte. Experten sprechen davon, dass RAU sozusagen einen neuen Level in der Euterzucht beim Fleckvieh eröffnet.

Beeindrucken konnten aber auch Töchtergruppen weiterer Topvererber: MALINT mit fünf Kühen und STRELLER mit vier älteren Kühen vertreten, schafften jeweils einen ersten Platz. VANSTEIN war mit 16 Töchtern zahlenmäßig überhaupt am stärksten vertreten, mit je 4 Töchtern dabei waren HERICH und REPTEIT.

Die Bundeschampions 2011, v. .l. n. r.: GS RAU-Tochter BETTY von Familie Ratzberger, Niederösterreich, ZAHNER-Tochter PARIS von Familie Moitzi, Steiermark und MALINT-Tochter ALMENA von Familie Scherzer, Kärnten

„Genomische“ Kuhlinien – Weltpremiere einer neuen Klasse

Die erste ganz große Schau im neuen Zeitalter der Genomselektion war zugleich auch beste Gelegenheit, die neuen Techniken der Genomanalyse indirekt mitzupräsentieren. So wurden nicht nur alle bei der Eliteauktion angebotenen Tiere bereits im Vorfeld typisiert, wodurch bei der Kaufentscheidung auch direkte Information aus dem Genom berücksichtigt werden konnten, sondern auch eine völlig neue Kategorie beim Preisrichten vorgestellt. Unter dem schlichten Begriff „Kuhlinien“ wurden enge Verwandte zu einem Jung- oder Wartestiere mit hohem genomischen Zuchtwert vorgestellt. Damit soll demonstriert werden, dass auch mit Beginn der Genomselektion der Background einer starken Kuhfamilie bei den Selektionsentscheidungen nach wie vor eine wesentliche Rolle spielen soll. Die vorgestellten Gruppen präsentierten höchstes Niveau, sodass ein Großteil der Kühe auch bei den Einzelentscheidungen mitmischen konnte.

Bei der Entscheidung zum Bundeschampion der Kuhlinien hatte der Preisrichter auch die Qualität des physisch nicht anwesenden „Jungstars“ mit zu berücksichtigen. Alternativ dazu könnte zukünftig ein Zuchtwertlimit für den Jungstier festgelegt, bzw. einfach die Kuhlinien der bestgereihten bis zu einer für die Schau vorgesehenen Anzahl an Gruppen zugelassen werden.

Egal welcher Modus – in jeder Hinsicht überzeugender Sieger wurde die I-Linie von Johann Ratzberger: Mit sechs Tieren die größte Gruppe, darunter eine 100.000 l-Kuh, mit GS PANDORA (GZW 132) und WEISHEIT (GZW 131) zwei hoch vorgeschätzte Jungstiere und – natürlich irrelevant fürs Richtergebnis – als Kuhfamilie des Ausnahmevererbers GS RAU, der mit insgesamt 15 Töchtern auf der Schau vertreten war. Der Reservesieg ging an die ausgezeichnete Mutter-Großmutterkombination der B-Linie von Martin u. Anna Zauner.

Klarer Sieger bei der ganz neuen Kategorie der „Kuhlinien“ war die I-Linie von Familie Ratzberger, aus der auch der Ausnahmevererber GS RAU stammt.

Reservechampion der Kuhlinien: BERNA von Familie Zauner, FIH

Spannende Eliteversteigerung

Zum ersten Mal auf einer Auktion wurden sowohl männliche als auch weibliche Zuchtrinder ausschließlich mit Genomzuchtwerten angeboten. Das genetische Niveau der angebotenen Tiere war hervorragend, das Interesse der Züchter entsprechend hoch. Alle weiblichen Tiere fanden bei flottem Versteigerungsverlauf einen Käufer. Den Höchstpreis bei den weiblichen Zuchtrindern erzielte mit einem Zuschlagspreis von EUR 5.000,00 Herbert Schalk, Hart bei Graz, mit seiner WALDBRAND-Tochter EISBLUME. Ebenso wurden die vier angebotenen genomisch selektierten Jungstiere von den Besamungsstationen ersteigert. Mit EUR 14.200,00 war ein MALHAXL-Sohn aus einer GEBALOT-Tochter von Heidemarie und Martin Günzinger der gefragteste Jungstier und ging an die OÖ Besamungsstation GmbH.

Partnerland Türkei

Eine weitere Novität dieser Bundesschau war die Vorstellung und das Mit-Einbinden eines Partnerlandes. Nicht von ungefähr fiel die Wahl auf die Türkei, ist doch das Land in diesem Jahr Exportziel Nummer 1 für österreichische Zuchtrinder.

Die Türkei ist ein Land mit knapp 80 Millionen Einwohnern und einem aktuellen Wirtschaftswachstum von 9 Prozent. 2010 war Österreich das Land mit den höchsten Direktinvestitionen in der Türkei. Umgekehrt investiert die Türkei in den Ausbau der Rinderzucht. So wurden von Österreich in der ersten Jahreshälfte 2011 in Zusammenarbeit mit den Exportfirmen über 12.000 Zuchtrinder in die Türkei exportiert. – Grund genug für die AGÖF, diesem Land bei der Bundesfleckviehschau einen Schwerpunkt zu widmen.

Im Rahmen des internationalen Fleckviehforums referierte Frau Aysun Sökmen über die Neuorientierung der türkischen Landwirtschaft. Von den Jungzüchtern wurden 30 durch die Genetic Austria angekaufte Exportkalbinnen bestens herausgeputzt präsentiert. Diese Tiere wurden vom Käufer übernommen und werden in den nächsten Wochen in der Türkei ein neues Zuhause finden. Ein Exkursionsprogramm für die türkischen Kunden rundete eine interessante Messewoche ab. Das Land am Bosporus wird auch in Zukunft ein interessanter Markt für Fleckvieh aus Österreich bleiben.

Die türkische Delegation mit Frau Aysun Sökmen an der Spitze, die beim Fleckviehforum über die Neuorientierung der türkischen Landwirtschaft referierte

Die Gewinner

Der Gewinner bei dieser Bundesfleckviehschau gab es viele: in erster Linie natürlich die Champions, die Gruppen- und Gruppenreservesieger, daneben aber auch alle Aussteller, die ihre besten Tiere einer breiten Öffentlichkeit vorführen konnten. Und dann gab es noch die Glücklichen, die am Fleckvieh Austria-Gewinnspiel teilnahmen und die Hauptpreise mit nach Hause nehmen durften: Karin Stadler aus dem niederösterreichischen Raxendorf und Alexander Rieser aus Mörschwang in Oberösterreich. Nach Raxendorf ging die von der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich gesponserte Zuchtkalbin im Wert von € 2.500. In Oberösterreich blieb das von der Firma Agrana Bioethanol GmbH gesponserte Zuchtkalb im Wert von € 1.000.

Resümee

… eine von Anfang bis zum Schluss gelungene Veranstaltung mit vielen interessierten Besuchern, einem exzellenten Preisrichter, Kühen von Weltklasseformat und der Gewissheit, dass Fleckvieh Austria am richtigen Weg ist. Ein großes Dankeschön an alle Aussteller, an die Gäste aus dem In- und Ausland und an alle, die zum guten Gelingen der Schau beigetragen haben.

Autoren: Dr. Josef Miesenberger, DI Peter Stückler, Ing. Johann Tanzler