EVF-Treffen der Arbeitsgruppe Exterieur

Zu den Wurzeln des Fleckviehs

Die Chefbewerter der europäischen Arbeitsgruppe für Exterieur trafen sich 2023 im Berner Oberland in der Schweiz. Hierbei standen Fachvorträge und praktische Übungen auf der Tagesordnung, aber auch Anpassungen beim Bewertungssystem FleckScore.

Die Schweizer Kollegen hatten das 2-tägige Treffen bestens vorbereitet und für optimale Arbeitsbedingungen gesorgt.

EVF-Exterieur-Treffen 2023 in der Schweiz

Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Treffens der europäischen Arbeitsgruppe Exterieur

Im Mittelpunkt standen zunächst die internationalen Auswertungen der Länder der gemeinsamen Zuchtwertschätzung. Dr. Krogmeier konnte auch diesmal wieder eine zunehmende Harmonisierung in der Qualität der Ergebnisse bescheinigen. Mit Spannung wurde aber auch die neu berechnete Ableitung der Exterieurmerkmale zur Nutzungsdauer erwartet. Anhand der aktuellen Stichprobe von circa 200.000 Jungkühen ergaben sich kaum Veränderungen zu den bestehenden Zusammenhängen. Lediglich die Neuberechnung bei der Sprunggelenksausprägung erfordert eine geringfügige Anpassung. Der mittlere Notenbereich mit Ziffern 5 und 6 wurde für die Fundamentnote etwas angehoben, wobei Ziffer 9, wegen der leicht negativen Korrelation zur Fleischleistung, zu leichten Abschlägen führt. Insgesamt ergeben sich aber kaum größere Unterschiede in der Fundamentberechnung. Über 80 Prozent der Kühe erhalten auch bei der neuen Formel die gleiche Note oder maximal einen Punkt Unterschied. Dr. Ertl führte dann noch die Bedingungen zum Beitritt in die gemeinsamen Zuchtwertschätzung aus. Hierfür besteht in vielen Ländern Europas großes Interesse.

Das Euter im Blick

Schon seit längerem ist in der Entwicklung der Fleckvieheuter eine Tendenz zu einem Zusammenrücken der hinteren Striche festzustellen. Wenn dann noch die Striche deutlich nach innen stehen, kommt es zu Störungen beim Melkvorgang. Zur Frage, bei welcher Ziffernkombination der absolute Abstand der Zitzen nicht mehr als funktional bezeichnet werden kann, wurde in einem Versuch an ca. 22.000 Jungkühen nachgegangen. Luntz berichtete, dass die Nachzuchtbewerter in Bayern und Baden-Württemberg in einem 6-monatigen Zeitraum den Abstand der hinteren Zitzen erfasst haben. Anhand der Ergebnisse hat die europäische Gruppe entschieden, dass es bei engen Strichabständen zu einem Abzug in der Euternote kommen soll. Ebenso wird auf die Entwicklung zu feineren Strichen reagiert. Auch bei Ziffer drei kommt es zu leichten Abzügen beim Euter. Beide Anpassungen werden der Funktionalität im Handling der Rasse gerecht.

Neues Tool FleckSchool

Ein Highlight war die Vorstellung eines neuen Projekts durch Reinhard Pfleger, welches die Länder Bayern und Österreich gemeinsam entwickelt haben. Die Bewertung von Fleckviehkühen wird somit noch effektiver und spannender. Durch die Internetseite FleckSchool (über FleckScore) können Vergleichsbewertungen zwischen Teilnehmern sofort vorgenommen und ausgewertet werden. Die Teilnehmer bekommen ihre Ergebnisse zeitgleich auf das Smartphone und können sich mit dem Schulungsleiter vergleichen. Dieser wiederum bekommt eine detaillierte Auswertung zu allen Teilnehmern und den bewerteten Kühen. In der darauffolgenden Vergleichsbewertung der Länder, unter der Regie von H. Anzenberger und G. Pollak, hat im praktischen Teil das System seine Feuertaufe bestens bestanden.

Die Schweiz: ein „kuhverrücktes“ Land

In mehreren Fachvorträgen wurde den Teilnehmern die Rasse Simmental und die Strukturen der Milcherzeugung vorgestellt. Matthias Schelling, Direktor von Swissherdbook, ging auf die verschiedenen Erzeugungsbedingungen in der Schweiz ein. Insbesondere die Rasse Original Simmental ist an die einzigartige Kulturlandschaft der Schweizer Berggebiete bestens angepasst. Die Züchter halten mit viel Herzblut konsequent am funktionalen Zuchtziel der Rasse fest. Der laufende Dialog mit der Gesellschaft ist aber auch hier ständig erforderlich und herausfordernd. In einem speziellen Projekt werden Produkte vom Simmentaler Rind beworben. Die nachhaltige Erzeugung von Milch und Fleisch soll den Verbraucher mit einem speziellen Label vom Simmentaler Rind ansprechen.

Ein Blick ins Simmental - der Wiege der Fleckviehzucht

Ein Blick ins Simmental – der Wiege der Fleckviehzucht

Praktische Übungen am Betrieb Ueli Schärz

Die praktischen Übungen konnten von den Teilnehmern auf dem Betrieb Ueli Schärz, unter optimalen Bedingungen, vorgenommen werden. Seine exterieurstarke Herde zeigt eindeutig die enorme Qualität der Simmentaler Kuh auf. Mit erstaunlicher Einheitlichkeit glänzt die Rasse durch beste Fundamente und Euter. Im Sommer müssen seine Kühe auf über 2000 m steigen und dort ihre Milch produzieren. Dass die Simmentalerzucht in der Schweiz eine absolute Erfolgsgeschichte ist, konnten die Teilnehmer dann spätestens bei der abschließenden Verbandsschau in Bern erkennen. Fazit: Kühe mit sehr viel Ausstrahlung und Harmonie. Dieser Eindruck, aber auch die enorme Gastfreundlichkeit der Schweizer Kollegen führen dazu, dass das Treffen bei allen Ländervertretern in bester Erinnerung bleibt. Die familiären Bande zwischen den Ländern sollte auch weiter gepflegt werden. Im nächsten Jahr freuen sich die Zuchtexperten auf ein Wiedersehen in Italien.

Praktische Übungen am Betrieb Ueli Schaerz

Praktische Übungen am Betrieb Ueli Schärz

Hubert Anzenberger, LfL bei der Arbeit am Tier

Hubert Anzenberger, LfL bei der Arbeit am Tier

Gerald Pollak, Fleckvieh Austria bei der Arbeit am Tier

Gerald Pollak, Fleckvieh Austria bei der Arbeit am Tier

Reinhard Pfleger, Fleckvieh Austria bei der Arbeit am Tier

Reinhard Pfleger, Fleckvieh Austria bei der Arbeit am Tier

Autor: Bernhard Luntz, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
alle Fotos: Swissherdbook

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