Familie Hurnaus, Oberösterreich

Genomische Selektion macht sich bezahlt

Der Betrieb der Familie Hurnaus, vulgo Mathias, liegt auf einer Seehöhe von 750 m in Kollerschlag im oberen Mühlviertel direkt an der Grenze zu Bayern – mitten im Ort gelegen, eingepfercht zwischen den Häusern der Nachbarn und der Bundesstraße. Trotz der eingeengten Lage konnte ein erfolgreicher Milchviehbetrieb aufgebaut werden.

Der Fleckviehzuchtbetrieb wird seit 1970 im Vollerwerb geführt, die Schwerpunkte liegen in der Milchproduktion und in der Forstwirtschaft. Im Jahr 1990 wurde der Betrieb von Eveline und Josef übernommen. Aus ihren drei Kindern kristallisierte sich schnell der nächste Hofnachfolger heraus. Junior Martin ist seit der Ausbildung zum landwirtschaftlichen Facharbeiter am Betrieb tätig und managt seit der Meisterprüfung in der Land- sowie Forstwirtschaft die Milchviehhaltung und die Zucht. Seine Frau Martina absolvierte die HBLA Elmberg und ist berufstätig. In ihrer Freizeit hilft sie in allen Bereichen unterstützend mit. Sie führt wie die beiden Männer ebenfalls Eigenbestandsbesamungen durch.

Fahrsilos weichen neuem Stall

Mit 12 Kühen entschlossen sich Eveline und Josef 1992 zur Mitgliedschaft beim Landeskontrollverband und 1994 zur Mitgliedschaft beim RZO. Bis zum Jahr 2006 wuchs der Bestand auf knapp 30 Milchkühe samt Nachzucht an. Eveline und Josef standen aufgrund der engen Lage im Ort vor der Herausforderung, wie sie die Milchproduktion ausbauen sollen. Der Umbau des damaligen Kuhstalls brachte kaum Entwicklungsmöglichkeiten, da kein Platz gegeben war. Die Betriebsleiter entschlossen sich für die Entfernung der vier Fahrsilos, um dem Betrieb das Wachsen zu ermöglichen. Mit dem Abriss der Siloanlage fiel 2007 der Startschuss für den Bau eines neuen Außenklimastalles und eines automatisierten Melksystems (AMS), das zu dieser Zeit nicht selbstverständlich war. Zwei Jahre später wurde der alte Anbindestall zum Kälber- bzw. Jungviehstall umfunktioniert.

Das gesamte Grundfutter wird analysiert

Junior Martin legt bei der Fütterung besonders großen Wert auf bestes Grundfutter. In diesem Produktionsgebiet nicht üblich, werden zwei Drittel des Dauergrünlands und Feldfutters mit fünf bis sechs Schnitten sehr intensiv genutzt. Hauptziel sieht man darin, möglichst viel billiges Eiweiß aus den eigenen Grünlandflächen zu produzieren. Die etwas kleineren, nicht arrondierten Flächen werden extensiver bzw. als Heuflächen für das Jungvieh genutzt. Bis auf das Häckseln des Grundfutters für Milchkühe wird die Gewinnung des Futters vom Betrieb selbst durchgeführt. Bei der Gestaltung der Milchviehration wird nichts dem Zufall überlassen. Das gesamte Grundfutter wird mittels Futtermitteluntersuchungen analysiert, um die Ration bestmöglich nach dem neuen amerikanischen CNCPS-Modell zu errechnen. Ziel ist es, mit möglichst geringem Kraftfutteraufwand und optimaler Ausnützung des Grundfutters ein Maximum an Milchleistung zu erzielen. Aufgewertet wird die Mischration mit einer Energiemischung aus Körnermais, Getreide, Rübenschnitte und zugekauftem Eiweißfutter auf 28 Liter Milch. Nicht mehr wegzudenken ist das Einmischen von Wasser, um das Selektieren am Futtertisch zu verhindern. Zusätzlich wird je nach Milchleistung am Melkroboter noch Kraftfutter ergänzt. Durch die Mitgliedschaft beim Arbeitskreis und beim Jungzüchterclub können wertvolle Informationen unter den Züchtern im ganzen Bezirk ausgetauscht werden.

HERBY, ein „toller Käfer“

Der bislang größte züchterische Erfolg der Familie Hurnaus aus Kollerschlag war die Geburt und der Verkauf des HERZPOCHEN-Sohns HERBY aus der bekannten Schaukuh FLOCKE. Die MANIGO-Tochter FLOCKE (MV: Rau) ist eine der wertvollsten und „schönsten“ Kühe im RZO-Zuchtgebiet und darüber hinaus. FLOCKE ist eine extrem euter- und exterieurstarke Kuh mit hoher Leistungsbereitschaft gepaart mit sehr guter Fruchtbarkeit. Bei ihr wurde schon mehrmals ein Embryotransfer (ET) durchgeführt, woraus unter anderem auch der HERZPOCHEN-Sohn HERBY hervorging. Auch die Doppelbelastung von ET und hoher Milchleistung bereiten dieser Ausnahmekuh keine Schwierigkeiten. HERBY ist derzeit der zweitbeste HERZPOCHEN-Sohn und wurde bei der Juni-Versteigerung in Freistadt von der GENOSTAR Rinderbesamung GmbH um den stolzen Preis von 41.000 Euro angekauft. In Bezug auf den ÖZW ist HERBY mit 143 derzeit der Beste. Seine Vererbungskraft hinsichtlich Exterieur und Euter spiegelt voll und ganz seine Mutter FLOCKE wider.
Im Jahr 2018 wurde ein weiterer Sohn von FLOCKE für den Besamungseinsatz angekauft. Der Stier MORO (Miraculix x Manigo) besticht ebenfalls durch seine ausgezeichneten Zuchtwerte im Fundament und Euter.

Zuchtziele

Gewünscht ist die mittelrahmige Kuh mit sehr gutem Fundament, hoch sitzendem Euter und vor allem guter Melkbarkeit, sprich eine problemlose Kuh für ein automatisches Melksystem (AMS). Besonders stolz ist die Familie Hurnaus auf den Zuchtfortschritt der Herde bezüglich Melkbarkeit. Seit Inbetriebnahme des Melkroboters konnte das durchschnittliche Minutengemelk von 2,4 auf 3,2 gesteigert werden. Dadurch wurde die maximal ermolkene Milchmenge am Melkroboter deutlich erhöht.

Der Hof, mitten im Ort Kollerschlag gelegen

Eingeengte Lage: Nur der schmale, rot umrahmte Streifen im Dorf gehört zum Fleckviehzuchtbetrieb Hurnaus

Familie Hurnaus (Martin, Martina, Eveline, Josef) mit Kuhkalb MIAMI (V.: Herzpochen), ihrem höchsttypisierten Jungrind (gGZW: 135 und MW 130)

Familie Hurnaus (Martin, Martina, Eveline, Josef) mit Kuhkalb MIAMI (V.: Herzpochen), ihrem höchsttypisierten Jungrind (gGZW: 135 und MW 130)

Familie Hurnaus mit HERZPOCHEN-Sohn HERBY, der um 41.000 Euro auf der Versteigerung verkauft wurde

Familie Hurnaus mit HERZPOCHEN-Sohn HERBY, der um 41.000 Euro auf der Versteigerung verkauft wurde

MORO (Miraculix x Manigo)

MORO (Miraculix x Manigo)

FLOCKE (Manigo x GS Rau) – Mutter von MORO und HERBY

FLOCKE (Manigo x GS Rau) – Mutter von MORO und HERBY

Bezirksschau in Ulrichsberg 2019: Gesamtsiegerin FLOCKE (V.: Manigo) und Gruppensiegerin FAUNA (V.: Humpert)

Bezirksschau in Ulrichsberg 2019: Gesamtsiegerin FLOCKE (V.: Manigo) und Gruppensiegerin FAUNA (V.: Humpert)

Teilnahme FoKUHs und D4Dairy

Mit der Teilnahme am Projekt FoKUHs und D4Dairy können die Zuchtziele leichter und schneller erreicht werden, ist Familie Hurnaus überzeugt. Durch die genomische Selektion werden bereits Jungtiere, die dem Zuchtziel nicht entsprechen, ausselektiert. Hauptsächlich kommen genomische Jungvererber zum Einsatz, um einen schnelleren Zuchtfortschritt bzw. höheren Gesamtzuchtwert (GZW) zu erreichen. Bei gut typisierten Jungrindern soll zukünftig vermehrt auch ET zum Einsatz kommen.

Tierschauen – mit Freude dabei

Die Freude und Bereitschaft, an Tierschauen teilzunehmen, ist bei Familie Hurnaus sehr groß! Hierbei soll auch die genomische Selektion unterstützend wirken, um eine exterieurstarke Herde zu züchten. Ein besonders großer Wunsch an die Fleckviehzucht ist ein Zuchtwert bezüglich Melkverhalten. Diese Charaktereigenschaft spielt natürlich bei AMS eine große Rolle.

Betriebsdaten

Familie Hurnaus, Kollerschlag, Oberösterreich

Arbeitskräfte:
Betriebsinhaber Eveline und Josef (beide 54 Jahre), Sohn Martin (28 Jahre) und Schwiegertochter Martina (25 Jahre – berufstätig), die tatkräftig mithilft, sofern es ihre Zeit erlaubt.

Seehöhe: 750 Meter

Flächen:
70 ha LN, davon 28 ha Acker (Hauptkultur ca. 13-15 ha Silomais, 5-7 ha Getreide, Rest Feldfutter) und 42 ha Grünland; 18 ha Wald

Viehbestand:
70 Milchkühe, 65 Stk. weibliche Nachzucht

 

Stallsystem:
Liegeboxenlaufstall mit Roboter (70 Liegeplätze), Kälber auf Tieflauf, Jungrinder auf Hochbuchten

Milchleistungsentwicklung:Milchleistungsentwicklung Betrieb Hurnaus

 

Autor: Wolfgang Grillberger, RZO