Mit Strategie zu gesunden Kälbern

Mit Beginn der intensiveren Rinderhaltung haben die Probleme mit jungen Kälbern in den letzten 40 Jahren ständig zugenommen. Für viele Betriebe stellen diese Kälberprobleme eine große Herausforderung dar. Viel wurde geforscht und zum Teil wurde auch viel in verschiedene Vorbeugemaßnahmen wie Igluhaltung und Impfprogramme investiert. In der Bewältigung der bei den Infektionen ganz oben stehenden Durchfallproblematik ist man aber trotzdem nicht viel weiter gekommen.

Aufgrund der besonderen Bauweise der Plazenta des Rindes können während der Trächtigkeit keine Immunglobuline (Abwehrstoffe) von der Kuh in das Kalb übertreten. Deshalb kommen Kälber völlig schutzlos auf die Welt. Die Natur hat aber für das Kalb die Möglichkeit geschaffen, über die zeitgerechte Aufnahme von Abwehrstoffen aus dem Kolostrum vor den überall in der Umwelt der Tiere vorkommenden Infektionserregern geschützt zu werden.

Fleckviehkalb tränken; agrarfoto.com

Qualität des Kolostrums wichtig

Seit Jahrzehnten weiß man über die Bedeutung der Biestmilchversorgung Bescheid. Man hatte im Besonderen den Zeitpunkt der Verabreichung und die Menge im Auge, konnte damit aber trotz scheinbar sicher gestellter Versorgung oft keine Besserung der gesundheitlichen Probleme herbeiführen. Erst als man begann, die Menge an Abwehrstoffen im Blut der Kälber zu untersuchen, merkte man, dass die Hälfte der Kälber trotz angenommener ausreichender Kolostrumversorgung viel zu wenig dieser Abwehrstoffe im Blut haben. Sie sind somit nicht ausreichend durch die als Gesundheitspolizei waltenden Immunglobuline geschützt. Dieser Mangel an Abwehrstoffen hat für die jungen Kälber sehr weitreichende Nachteile. Das Auftreten sämtlicher Infektionen in den ersten 2- 3 Lebenswochen der Kälber ist wesentlich von der Kolostrumversorgung abhängig. Die alleinige Annahme, dass eine frühzeitige Kolostrumversorgung mit einer Mindestmenge an Kolostrum zu einem fixen Schutz der Kälber führt, war also nicht berechtigt. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass man ein bestimmtes Minimum an Immunglobulinen im Blut des Kalbes braucht, damit der Körper die Krankheitserreger aus der Umwelt abwehren kann. Wichtig ist auch die Tatsache, dass auch unter extrem hygienischen Haltungsbedingungen trotzdem mit der Anwesenheit einer gewissen Anzahl von Keimen wie z.B. Rota- und Coronavirus gerechnet werden muss.

Seit langer Zeit kennt man auch die Tatsache, dass Kühe sehr unterschiedliche Kolostrumqualitäten mit teils geringen und teils hohen Gehalten an Immunglobulinen liefern. Erst die Erkenntnis, dass man Kälber mit schlechten Kolostrumqualitäten nicht schützen kann, liefert eine Erklärung, warum wir so viele Probleme mit Kälbern haben.

Was bedeutet ein Mangel an Abwehrstoffen?

In der gesamten Umwelt der neugeborenen Kälber finden wir eine mehr oder weniger große Menge an Krankheitserregern wie zum Beispiel das Rota- oder Coronavirus als Ursache für den sogenannten Frühdurchfall, aber auch viele andere Infektionserreger. Die Ausbreitung dieser Krankheitserreger im Körper ist ganz wesentlich von der Anwesenheit einer genügenden Anzahl an Abwehrstoffen im Blut der Kälber abhängig. Nur diese Gesundheitspolizisten können die Vermehrung der Keime verhindern. Dabei spielt natürlich auch die Menge an Infektionserregern eine gewisse Rolle. Man nennt dies auch den sogenannten Infektionsdruck, der durch Hygienemaßnahmen beeinflusst werden kann.

(Auszug aus dem Artikel „Mit Strategie zu gesunden Kälbern“, Fleckvieh Austria Magazin 5/20, von Dr. Franz Kritzinger, Tierarzt in Vöcklamarkt)