Familie Jöbstl, Kärnten

Fleckvieh – der Doppelnutzung und Wirtschaftlichkeit zuliebe

Der Fleckvieh-Zuchtbetrieb Jöbstl befindet sich auf ca. 850 m Seehöhe in der Gemeinde St. Gertraud im Lavanttal in Kärnten. Dort bewirtschaften Simone und Johannes gemeinsam mit seinen Eltern sowie ihren Kindern den insgesamt 93,5 ha großen Betrieb.

50 ha Wald und 28 ha landwirtschaftliche Nutzfläche sind im Besitz der Familie. 15,5 ha landwirtschaftliche Nutzfläche sind von Verwandten und Freunden der Familie gepachtet, welche der Familie tatkräftig unter die Arme greifen. Durch ständige Weiterentwicklung des Betriebes konnte der Tierbestand in den letzten Jahrzehnten stark gesteigert werden.

Geschichte

Seit über 60 Jahren arbeitet die Familie Jöbstl schon mit dem Zuchtverband zusammen. Mit der Rasse „Kärntner Blondvieh“ begann der züchterische Weg des Betriebes. Da die Betriebsführer schon immer auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebes achteten, wurde ihnen bewusst, dass eine Rasse dafür exzellent in Frage kam. Ende der 60er-Jahre erfolgte die teilweise Umstellung auf die Rasse Fleckvieh. Da schon kurz darauf ein Gesamtsieg bei einer Bezirksschau mit nach Hause gebracht werden konnte, wusste die Züchterfamilie, dass sie den richtigen Weg eingeschlagen hatte.

Durch diesen Erfolg gelang der weitere Umstieg auf die neue Rasse einfach. 1979 wurde der erste Fleckvieh-Zuchtstier der Züchterfamilie bei der Zuchtrinderversteigerung in St. Veit/Glan versteigert. Mittlerweile werden pro Jahr 10 bis 12 Zuchtstiere, entweder über die Zuchtrinderversteigerung oder Ab-Hof, vermarktet. Der Betrieb nutzt schon seit Beginn die Vermarktungsschienen des Zuchtverbandes, sei es die Zucht- und Nutzrinderversteigerungen in St. Donat, der Export in Drittländer oder die Ab-Hof-Vermarktung, wodurch sich inzwischen schon eine richtige Freundschaft zwischen den Betriebsführern und den Mitarbeitern des Zuchtverbandes entwickelt hat.

Fam. Jöbstl - Rosa und Johann, Kinder Johannes, Anna und Katharina und die Betriebsführer Simone und Johannes

Fam. Jöbstl – Rosa und Johann, Kinder Johannes, Anna und Katharina und die Betriebsführer Simone und Johannes.

Der schön gelegene Hof der Fam. Jöbstl befindet sich im Osten Kärntens im Lavanttal

Der schön gelegene Hof der Fam. Jöbstl befindet sich im Osten Kärntens im Lavanttal.

Haltung

Der Viehbestand der Züchterfamilie liegt derzeit bei ca. 125 Tieren. Diese gliedern sich in ca. 50 Kühe, 45 Kalbinnen und 20 Aufzuchtstiere. Die Familie Jöbstl legte schon von Anbeginn großen Wert auf das Tierwohl und die dazugehörige Leistungsbereitschaft der Tiere. So passierten im Laufe der Jahre schon viele Umbauten und Neubauten der Wirtschaftsgebäude, um einerseits für die immer höher werdende Tieranzahl einen bestmöglichen Unterstand zu bieten und andererseits das genomische Potenzial der Tiere zu nutzen.
Schon 1997 entstand der erste Laufstall mit Spaltenboden und Hochboxen für 15 Kalbinnen. Da sich diese Haltungsform bewährte, wurde 2003 der alte Anbindestall der Kühe umgebaut und ein neues Gebäude, auch wieder mit Spaltenboden, jedoch Tiefboxen, für 30 Kühe errichtet. Für die Kälber, Aufzuchtstiere und Melktechnik wurde das alte Gebäude herangezogen.
2009 erfolgte die Erweiterung des Kalbinnenstalles auf 35 Plätze, 2013 wurde ein Unterstand für das Jungvieh auf der Alm erbaut. Da der Viehbestand immer weiter anstieg, musste 2014 auch ein neuer Kälberstall mit Gruppenboxen und Tiefstreu gebaut werden. 2015 wurde der Kuhstall nochmals erweitert, 2021 entstand ein weiterer Bereich für die trockenstehenden Kühe mit einer Abkalbebox. Auch 2022 wurde investiert und ein befestigter Auslauf für die Kühe errichtet.

Fütterung

Die Kälber bleiben circa die ersten zwei Wochen in Einzelboxen, danach kommen sie in Gruppenboxen. Sie bekommen eine Ad-Libitum-Tränke, Kraftfutter und Heu. Alle Kälber bleiben am Betrieb, die männlichen Nachkommen werden mit circa 200 kg aussortiert.
Die Jungrinder sind während der Vegetationsperiode auf der Weide. Im Winter bekommen sie ein extensives Gras- Strohgemisch und etwas Kraftfutter. Die Kühe erhalten ein Mischfutter aus Gras- und Maissilage, etwas Heu und Kraftfutter. Kraftfutter wird außerdem noch leistungsbezogen über den Transponder ergänzt. Die Aufzuchtstiere bekommen dieselbe Ration wie die Milchkühe.

Philosophie

Den Betriebsführern Simone und Johannes ist es wichtig, wirtschaftliche, gesunde und leistungsstarke Kühe zu züchten. Die Doppelnutzung der Rasse Fleckvieh ist ihnen ein wichtiges Anliegen, da großer Wert auf die Milch- und Fleischproduktion gelegt wird. Hauptbetriebszweig ist jedoch die Milchproduktion. Die Philosophie der Züchterfamilie ist, den Betrieb mit höchst möglichem Gewinn zu führen, sich immer weiterzuentwickeln, maschinelle Hilfen anzuschaffen und bestmöglich zu nutzen sowie leistungsstarke Tiere zu züchten, um die Freude an der land- und forstwirtschaftlichen Arbeit nie zu verlieren.

Die Stärken des Betriebes

Die Stärken des Betriebes sind eindeutig die Rinderzucht und Waldwirtschaft. Auch die harmonische Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Generationen spielt eine wichtige Rolle am Betrieb. Durch die Produktion von Milch, Fleisch und Zuchtvieh kann jedes Tier perfekt nach seinen Kriterien genutzt werden. Ein weiterer wesentlicher Teil des Betriebes ist die Waldarbeit. Durch den guten Zusammenhalt der Familie können alle anfallenden Arbeiten mit eigenen Arbeitskräften bewältigt werden, was für Johannes einen enormen Vorteil darstellt.
Auch die L-Linie des Zuchtbetriebes zählt zu den Stärken des Betriebes. LORINA, die letzte 100.000-Liter-Kuh vom Betrieb, zählt unter anderem zu dieser Linie. Sie gewann 2016 bei der Bezirksrinderschau im Lavanttal die Gruppe der Alt-Kühe. Die leistungs- und körperstarken Tiere dieser Linie überzeugen auch noch mit ihrer Langlebigkeit und Gutmütigkeit.

LORINA, Hades x Poldi, Simone und Johannes Jöbstl, St. Gertraud, Ktn., Foto Schöffmann

100.000-kg-Kuh LORINA, Hades x Poldi

Erfolge und Ziele

Der Zuchtbetrieb konnte in den vergangenen Jahrzenten schon bei einigen verschiedenen Schauen präsent sein und so manchen Erfolgsplatz mit nach Hause nehmen. Ganz besonders in Erinnerung blieb sicherlich der erste Bundeschampion in der Gruppe der Jungkühe für Kärnten und die Züchterfamilie im Jahr 2009. Mit der Jungkuh ESCHE, einer ROMEL-Tochter, welche im Rahmen, Fundament und Euter überzeugte, konnte dieser großartige Erfolg erzielt werden.
Auch in der Stierzucht ist der Name Jöbstl ein Begriff. So konnte im Jahr 2018 ein MONUMENTAL-Sohn auf die Besamung gebracht werden. Nach ungefähr zwei Jahren gelang der Züchterfamilie nochmals ein solch großer Erfolg mit ILDEFONSO, einem hornlosen IRREGUT-Sohn. Aber auch die vielen Zuchtstiere, welche auf den Zuchtrinderversteigerungen ihren Besitzer gewechselt haben, zählt die Familie zu ihren Erfolgen.

Das Zuchtziel des Betriebes ist es, leistungs- und körperstarke Tiere zu züchten sowie eine gesunde Fleckviehherde zu halten, welche sich insbesondere in der Doppelnutzung hervorhebt.

Die Jungkuh ESCHE konnte im Jahr 2009 den ersten Bundessieg der Rasse FV nach Kärnten bringen

Kuh MILKA, eine GS RAU-Tochter, wurde 2017 auf der Eurogenetik-Schau in Ried/Innkreis ausgestellt

MOMENT, einen MONUMENTAL-Sohn, überzeugt bei seinen Töchtern mit passendem Fundament und Euter

ILDEFONSO, der mischerbig hornlose IRREGUT-Sohn konnte 2020 auf die Besamung gebracht werden

ILDEFONSO, der mischerbig hornlose IRREGUT-Sohn, konnte 2020 auf die Besamung gebracht werden

Betriebsdaten

Fam. Jöbstl vlg. Moser, Vorderwölch 9, 9413 St. Gertraud/Lav.

Lage: Kärnten, Lavanttal – Gemeinde St. Gertraud/Lav.

Seehöhe: 850 m

Seehöhe: 800 mm

Betriebsgröße:
93,5 ha gesamt, davon 50 ha Wald, 28 ha landwirtschafliche Nutzfläche, 15,5 ha landwirtschaftliche Nutzfläche (Pacht)

Viehbestand: ca.125 Stück gesamt, davon ca. 50 Kühe, 45 weibliche Nachzucht und 20 Aufzucht Stiere (Maststiere)

Betriebsschwerpunkte:
Milchproduktion, Zuchtviehvermarktung und Waldwirtschaft

Mechanisierung:
totale Eigenmechanisierung mit Ausnahme des Maissilierens

Stallsystem:

Kühe – Laufstall mit Spaltenboden (Gummiauflage) und Tiefboxen

Kalbinnen – Laufstall mit Spaltenboden und Hochboxen

Kälber – ersten 14 Lebenstage in Einzelbox, danach Gruppenhaltung in Tiefstreu

Siloraum: 900 m³ Fahrsilo Grassilage, teilweise Rundballen

Gülleraum: 1.100 m³

Melksystem: 5er Swing-Over-Melkstand

Milchleistungsentwicklung:
Herdendurchschnitt Betrieb Jöbstl

Autor:Markus Schöffmann, Zuchtberater, caRINDthia