Milchinhaltsstoffe zur Interpretation der Fütterung nutzen

Die Milchinhaltsstoffe liefern Bäuerinnen und Bauern mit Milchkühen, Milchschafen und Milchziegen wertvolle Informationen zur Kontrolle und Ausrichtung der Futterration. Mit den Ergebnissen aus der Milchleistungsprüfung der LKVs, den Tankmilchuntersuchungen und den Ergebnissen von Melkrobotern können Sie die Versorgung Ihrer Herde überprüfen.

Eiweißversorgung

Über die Versorgung der Kühe mit Futtereiweiß gibt der Milchharnstoffgehalt Auskunft. Der Bereich zwischen 15 und 25 mg/100 ml gilt als Optimum (siehe Abbildung 1). Bei Milchkühen mit einem Milchharnstoffgehalt unter 15 mg/100 ml ist von einer Unterversorgung mit Futtereiweiß auszugehen. Eine starke Unterversorgung über mehrere Wochen und Monate wirkt sich vor allem negativ auf die Faserverdauung im Pansen und somit auf die Grundfutterverwertung und Milchleistung aus. Ein Absinken unter 10 mg/100 ml sollte auf jeden Fall vermieden werden. Durch die Fütterung von eiweißreichem Grund- und Kraftfutter kann der Milchharnstoff, die Futterverwertung und Leistung gesteigert werden.

Abb. 1: Beurteilung der Milcheiweiß- und Harnstoffgehalte im 9-Felder-Diagramm (Quelle LFL Bayern)

Abb. 1: Beurteilung der Milcheiweiß- und Harnstoffgehalte im 9-Felder-Diagramm (Quelle LFL Bayern)

Ein Harnstoffgehalt über 30 mg/100ml wirkt sich hingegen vor allem bei Kühen in der ersten Laktationshälfte negativ aus. Bei einem hohen Harnstoffgehalt wird die Leber, die am Laktationsbeginn ohnehin mit der Energiebereitstellung beschäftig ist, zusätzlich belastet. Dies bedeutet eine Verschwendung an Energie. Zusätzlich kann es durch diese Futtersituation zu einer pH-Wert-Veränderung in der Gebärmutter kommen. Diese wirkt sich wiederum negativ auf die Einnistung der befruchteten Eizelle in der Gebärmutter aus. Hohe Harnstoffgehalte treten verstärkt auf Eingras- und Weidebetrieben im Herbst auf. Die Beifütterung von Heu oder Silage vom 1. Aufwuchs und der Einsatz von energiereichem Kraftfutter (Körnermais, Trockenschnitzel …) können den Milchharnstoffgehalt absenken. Ein durch Weide- oder Grünfutter verursachter erhöhter Milchharnstoffgehalt ist für Kühe im letzten Laktationsdrittel leichter verträglich.

Energieversorgung

Ein aussagekräftiger Parameter zur Beurteilung der Energieversorgung der Tiere ist der Milcheiweißgehalt, das Optimum liegt zwischen 3,2 und 3,8 Prozent (siehe Abbildung 1). Unter einem Eiweißgehalt von 3,2 Prozent ist von einem Energiemangel, über einem Eiweißgehalt von 3,8 Prozent von einem Energieüberschuss auszugehen. Bei täglichen Milchleistungen von 40 bis 50 Kilo sinkt diese Untergrenze jedoch auf ca. 3,0 bis 2,9 Prozent Eiweiß ab (Verdünnungseffekt).

Ein Energiemangel sollte durch eine ausreichende Grund- und Kraftfutterversorgung prinzipiell vermieden werden. Ob ein Energiemangel in Verbindung mit der Stoffwechselkrankheit Ketose (=Acetonämie) besteht, kann zusätzlich am FEQ (Fett-Eiweiß-Quotient) abgelesen werden. Bei Kühen mit einem FEQ von über 1,5 in den ersten vier Monaten nach der Kalbung besteht die Gefahr der Ketose.
Ein wesentlich genaueres Werkzeug zur Identifikation der Ketose als der FEQ ist hingegen KetoMIR, welches im RDV-Mobil-App und im LKV-Herdenmanager zu finden ist. Treten verstärkt Tiere in den KetoMIR-Klassen 2 und 3 auf, so kann in der Herde eine Energieunterversorgung in Form der Ketose mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Gesundheit und das Fruchtbarkeitsgeschehen bestehen.

Energiemangel vorbeugen

Damit es am Laktationsbeginn zu keinem gravierenden Energiemangel kommt, ist es besonders wichtig, rund um die Uhr nährstoffreiches Grundfutter zur freien Aufnahme anzubieten. Zusätzlich sollten Mischwagenbetriebe die frische Mischration im Sommer in den Abendstunden vorlegen. Bei sehr gutem Grundfutter sind tägliche Milchleistungen aus dem Grundfutter von circa 20 Kilo möglich. Das bedeutet für die allermeisten Betriebe, dass am Laktationsbeginn Kraftfutter eingesetzt werden muss, um eine Entgleisung des Energiestoffwechsels mit starker Abmagerung (Ketose) zu vermeiden. In Bezug auf die Fruchtbarkeit gilt der Spruch „Solange eine Kuh abnimmt, nimmt sie nicht auf“ nach wie vor. Anzumerken ist, dass Kühe Kraftfutter am Laktationsbeginn sehr effizient verwerten. Je nach Milchleistung und Grundfutterqualität ist eine tägliche Kraftfuttermenge von vier bis acht Kilogramm Kraftfutter pro Kuh zu empfehlen.

(Auszug aus dem Artikel „Milchinhaltsstoffe zur Interpretation der Fütterung nutzen“ von DI Gerhard Lindner, Geschäftsführer LKV Salzburg ; Fleckvieh Austria Magazin 6/22)