Ein gesundes Fundament für gute Leistung

Klauengesundheit ist ein Thema, das nicht nur für das Tierwohl von Bedeutung ist, es stellt auch einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor dar: im Rahmen des Projektes „Klauen-Q-Wohl“ hat sich herausgestellt, dass bis zu acht Prozent der Abgänge beim Milchvieh in Verbindung mit Klauenerkrankungen stehen.

Des Weiteren ist die Milchleistung und Fruchtbarkeit von kranken Tieren oft stark reduziert. Hochgradig lahme Tiere geben pro Laktationsperiode bis zu 234 kg weniger Milch. Sind Kühe während der gesamten Güstzeit lahm, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie trächtig werden sogar bis zu 38 Prozent niedriger als bei gesunden Tieren. Kranke Tiere kosten zusätzlich Geld – direkte und indirekte Kosten von Lahmheit werden auf ca. 450 € pro Kuh und Jahr geschätzt! In österreichischen Milchviehherden konnten im Rahmen von Projekten im Schnitt ca. 30-50 Prozent lahmende Tiere festgestellt werden – in der Klauengesundheit liegt also ein großes Potential zur Effizienzsteigerung von Milchviehbetrieben. Auch die geringere Notwendigkeit des Einsatzes von Antibiotika ist in Zeiten von zunehmenden Resistenzen ein wichtiger Aspekt.

Vielfältige Ursachen

Die Ursachen für Klauenerkrankungen sind sehr vielfältig. Da der Hornschuh zur Haut gehört, reagiert er nicht nur auf äußere Einflüsse, sondern auch auf innere Faktoren. Hier spielt Stress und ein dadurch vermindertes Immunsystem eine wesentliche Rolle.

Des Weiteren beeinflussen Fütterung und Stoffwechsel maßgeblich die Bildung eines gesunden Horns. Leberverfettung (Ketose), Milchfieber und Pansenazidose sind beispielsweise Erkrankungen, die häufig Klauenprobleme (z. B. Klauenrehe) zur Folge haben. Zusätzlich schwächen sie das Immunsystem, so dass die betroffenen Tiere anfälliger für Infektionen der Klauen und andere Entzündungen (z.B. von Gebärmutter und Euter) werden. Art- und leistungsgerechte Fütterung sichern somit auch ein gesundes Fundament.

Hier ist Klauenpflege dringend notwendig - das Tier versucht mit der ausgedrehten Beinstellung, Schmerzen zu verringern

Hier ist Klauenpflege dringend notwendig: Das Tier versucht mit der ausgedrehten Beinstellung, Schmerzen zu verringern

Manchmal ist weniger mehr - fachlich richtige Korrektur von übermäßigem Druck auf die äußere Klaue durch Einkürzen und Entfernen von Defekten; an der Innenklaue wurde hier an der Trachtenhöhe nichts reduziert

Manchmal ist weniger mehr – fachlich richtige Korrektur von übermäßigem Druck auf die äußere Klaue durch Einkürzen und Entfernen von Defekten; an der Innenklaue wurde hier an der Trachtenhöhe nichts reduziert

Äußere belastende Einflüsse sind in der Regel Druck und Quetschungen der Lederhaut. In modernen Milchviehställen sind rutschfeste Laufgangböden nicht mehr wegzudenken – problematisch wird es oft dann, wenn der Belag zu rau ist und so zu einer hohen Abnutzung der Sohlen führt. Unebenheiten, Brüchigkeit oder Vorsprünge begünstigen durch punktuell starken Druck auf die Sohle Quetschungen der Lederhaut und damit ein minderwertiges Hornwachstum. Eine mögliche Lösung kann beispielsweise das Ausbringen von Gummimatten auf Laufböden darstellen – bei technisch richtiger Ausführung wird der Abrieb reduziert und dadurch entstehende Probleme verhindert.

Sind Liegeboxen nicht in ausreichender Anzahl vorhanden und nicht weich oder groß genug gestaltet, stehen die Klauen durch eine reduzierte Liegezeit vermehrt unter Druck. Jede Stunde unnötigen Stehens erhöht die Lahmheitshäufigkeit um den Faktor 2,5 und die Milchleistung verringert sich im Schnitt um 1,7 l. Dies gilt es, beim Stallbau unbedingt zu beachten!

So gewährleisten Sie das Wohl Ihrer Tiere

Zunächst einmal sollte man seine Tiere aufmerksam beobachten und im günstigsten Fall alles Wesentliche dokumentieren, z. B. mit Hilfe der Klauenprofi-App. So lassen sich Probleme oft zeitnah erkennen und gegebenenfalls auch gleich die verantwortlichen Ursachen finden und beheben, wie z. B. Anpassungen im Haltungssystem, Rationswechsel etc. Regelmäßige funktionelle Klauenpflege ist entscheidend – mindestens 2-3 Mal pro Jahr, aber letzten Endes eigentlich individuell an die Tiere angepasst, sollten Pflegemaßnahmen durchgeführt werden.

In Laufställen und mit zunehmender Leistung sollten die Intervalle etwas kürzer werden. Optimal ist die Anpassung der Klauenpflegetermine an den Lebenszyklus der Kuh: Zu Beginn der Trockenstehzeit und um den 100. Laktationstag herum sind beispielsweise gute Termine für Milchkühe, um schmerz- bzw. krankheitsbedingten Stress zu verhindern und somit einen guten Start in die Trächtigkeit zu gewährleisten. Wichtig ist es, bereits beim Auftreten von leichten Lahmheiten sofort zu reagieren, um keine hochgradigen Gesundheitsprobleme entstehen zu lassen. Empfehlenswert ist auch, alle Tiere prophylaktisch einmal pro Woche auf Lahmheit zu untersuchen. Und auch die Jungtiere dürfen bei der Klauenpflege nicht vergessen werden!

Klauenpflegeausbildung

Die Klauenpflege sollte immer von einer fundiert ausgebildeten Person durchgeführt werden. Es gibt neben der Betreuung durch einen externen Klauenpfleger die Möglichkeit, sich selbst im Rahmen eines Zertifikatslehrganges für die eigenbetriebliche Klauenpflege ausbilden zu lassen. Der nächste LFI-Grundkurs beginnt am 19.10.2020 an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. Daran anschließend wird zusätzlich der Zertifikatslehrgang zum überbetrieblichen Klauenpfleger angeboten.
Am 01.10.2020 startet ebenfalls ein Klauenpfleger-Instruktoren-Kurs an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. Die Absolventen können beispielsweise bei zukünftigen Zertifikatslehrgängen als Instruktoren tätig werden.

Autorin: Silke Schaumberger, HBLFA Raumberg-Gumpenstein