Weiterentwicklung in der Genomik: Single Step

10 Jahre genomische Selektion haben die Rinderzucht nachhaltig verändert. Genomische Jungvererber haben sich im Besamungsgeschäft breit etabliert, die Hornloszucht hat einen ungeahnten Aufschwung erfahren, der Umgang mit neu identifizierten Erbfehlern hat uns alle herausgefordert und die Genotypisierung weiblicher Tiere am Betrieb gewinnt rasch an Verbreitung.Es ist jetzt an der Zeit, die genomische Zuchtwertschätzung entscheidend weiterzuentwickeln. Dies wird möglich durch die zunehmende Verbreitung der Herdentypisierung und das neue genomische Zuchtwertschätzverfahren ‚Single Step‘. Dabei geht es darum, möglichst viel Information aus der breiten Typisierung von weiblichen Tieren in genauere und robustere Genomzuchtwerte zu übertragen. Diese Weiterentwicklung richtet sich direkt an den Zuchtbetrieb mit dem Ziel, Genomik zum züchterischen Standardwerkzeug am Betrieb zu machen.

Fleckviehkalb

Der Fachausdruck ‚Single Step‘, also „1-Schritt“, weist auf die gleichzeitige Berücksichtigung von Leistungs-, Abstammungs- und Genom-Informationen in einem ZWS-Lauf hin. Im Gegensatz dazu steht das aktuelle 2-stufige Verfahren, wo zuerst die konventionelle Zuchtwertschätzung (Leistung und Abstammung) und erst danach die genomische Zuchtwertschätzung durchgeführt wird. Dieser Beitrag stellt den Anfang einer Artikelreihe zum Thema Single Step dar. Wir bitten Sie gleich um Verständnis, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch keine Detailinformationen bereitstellen können.

Wie funktioniert die Genomische ZWS?

Vor der Einführung der Genomik musste auf Nachkommenleistungen gewartet werden, bis abgeschätzt werden konnte, ob ein Zuchttier eine wünschenswerte Veranlagung (Abweichung vom Durchschnitt der Eltern „Zufallshälfte“) von den Eltern geerbt hat. Dieser Zufallsprozess in jeder Generation ist von enormer Bedeutung in der Zucht, da er 50 Prozent der genetischen Unterschiede in der Gesamtpopulation ausmacht. Es geht daher darum, möglichst früh und möglichst genau zu erkennen, welche Tiere wünschenswerte Zufallshälften tragen.
Die genomische ZWS erlaubt die Schätzung der Zufallshälfte bereits beim Kalb und steigert daher den Zuchtfortschritt, vor allem durch das kürzere Generationsintervall. Dies ist durch sogenannte SNP-Marker möglich. Das sind punktuelle Variationen an einzelnen Bausteinen in der Erbinformation, die aus insgesamt rund 3 Mrd. derartigen Bausteinen besteht. Beim Rind werden derzeit rund 40.000 SNP-Marker einbezogen. Dies wird technisch über die sogenannten SNP-Chips bewerkstelligt. Mit dem aktuellen Chip können 96 Tiere an jeweils 40.000 SNPs gleichzeitig genotypisiert werden. Diese Marker haben meist keinen direkten Einfluss auf unsere Merkmale, sondern erlauben es, die Weitergabe der Erbanlagen über die Generationen genau zu verfolgen.
In der 2-stufigen Zuchtwertschätzung besteht die Lernstichprobe (Kalibrierung) aktuell aus bis zu 10.000 geprüften Stieren, die alle genotypisiert sind. In der Kalibrierung werden für jedes Merkmal Effekte für Einzelabschnitte im Erbgut geschätzt. Diese Abschnitte können bei typisierten Jungtieren wie oben erwähnt nachverfolgt und den geschätzten Effekten aus der Lernstichprobe zugeordnet werden. Der Genomzuchtwert eines Tieres ergibt sich aus der Summe der Effekte über alle Chromosomen.

(Auszug aus dem Artikel „Weiterentwicklung in der Genomik: Single Step“, Fleckvieh Austria Magazin 5/20, von Dr. Hermann Schwarzenbacher, DI Judith Himmelbauer, Dr. Christian Fürst, ZuchtData GmbH)