Familie Radinger, Tirol

Fleckviehzucht in der futterstarken Inntalfurche

Die Fleckviehzucht der Familie Radinger vulgo „Boarbauer“ aus Langkampfen hat seit über 60 Jahren Tradition. Die Fleckviehherde, bestehend aus 43 Kühen und 50 Aufzuchttieren, wird im Laufstall gehalten, der besonders auf Größe und Komfortzonen ausgerichtet wurde.

Langkampfen liegt ca. 6 km von der Stadt Kufstein entfernt und gehört mit seinen 4.100 Einwohnern zu den Top-Industriezonen in Tirol. Bekannte Firmen nutzen diesen Produktionsstandort. Die ansässige Landwirtschaft wird zur Gänze mit Rinderzucht und Milchwirtschaft betrieben, wobei das Tiroler Unterland-Inntalfurche zu den Gunstlagen zählt.

Zucht in Generationen

Auf einem schönen Plateau im Ortsteil Unterlangkampfen wird der Betrieb der Familie Radinger in der zweiten Generation von Betriebsführer Gottfried und seiner Frau Anni seit dem Jahre 2000 bewirtschaftet. Großvater Gottfried sen. war Gründer und Pionier des Fleckviehzuchtvereines Unterlangkampfen. Sohn Gottfried jun. steht bereits als Hofnachfolger in den Fußstapfen.

Zuchtstrategie

Familie Radinger setzt ihren züchterischen Schwerpunkt in eine ausbalancierte Doppelnutzungskuh mit guter Eutergesundheit und guten Fitnesswerten sowie eine alpungstaugliche stabile Kuh mit gutem Fundament und Euter. Zusätzlich wünscht man sich eine abgesicherte Milchleistung und Inhaltsstoffvererbung mit guter Zellzahl.

Beim Besamungseinsatz werden über 90 Prozent genomische Jungvererber eingesetzt. Die Nachzucht wird selektiert genomisch getestet und kann mit überdurchschnittlichen Zuchtwerten aufzeigen. Die Beratung vom Zuchtverband für die gezielte Paarung wird regelmäßig angenommen. Speziell die Umstellung der Zuchtwertschätzung auf die Single-Step-Methode bedarf einer guten Information, um eine Entscheidungsfindung in der Auswahl der Stiere zu treffen. In den nächsten Jahren sollen gezielt Hornlosstiere eingesetzt werden. Derzeit wird mit folgenden Stieren besamt: HAMLET Pp*, EVIDENT Pp*, VOLLKOMMEN PP*, MERCEDES Pp*, ERASMUS, SIDO, EDELSTEIN, MCGYVER und VIERTAKT.

Stark geprägt vom Z-Kuhstamm

Das Aushängeschild der Herde ist der Z-Kuhstamm, der sich bis in die 1960er Jahre rückverfolgen lässt. Besondere Stärken liegen im Exterieur, in der Unauffälligkeit und dem problemlosen Umgang im Stall. Dieses markante Vererbungsbild konnte durch zwei Kandidaten für den Besamungseinsatz bestätigt werden: Einmal mit dem typstarken EPINAL-Sohn EMINENZ mit gGZW 123 und MW 114 aus der HUTERA-Tochter ZABINE und dann mit dem gehörnten VOLLTREFFER Pp*-Nachkommen VIERTAKT mit gGZW 124 und MW 117 aus der wunderschönen MAHANGO Pp*-Tochter ZAHARA Pp*, die durch ihr ausgezeichnetes Fundament und das Top-Euter überzeugt. Die beiden Großmütter von EMINENZ und VIERTAKT, RUMGO-ZIRL und VANSTEIN-ZENTA, begeisterten durch ihre Stärke, Kapazität und Doppelnutzungseigenschaften mit hervorragenden Eutern. „Uns gefallen diese Kühe besonders, so stellen wir uns eine Fleckviehkuh vor“, so Hofübernehmer Gottfried jun.

Vermarktung und Schau

Vermarktungsfähige Jungkühe finden ihren Absatz über den Marktort Rotholz. Einstellkälber und Schlachtvieh werden über die Rinderzucht Tirol eGen und den privaten Handel abgesetzt.
2009 konnte bei der Viehzuchtvereinsschau Unterlangkampfen mit der Kuh SONNE (V.: Colint) der Gesamtsieg bei Fleckvieh eingefahren werden. Drei weitere Gruppensiegertiere kamen ebenfalls vom Betrieb Radinger. „Als begeisterte Rinderzüchter besuchen wir gerne auch als Zuschauer die großen Landesschauen und Gebietsschauen in Tirol“, merkte Betriebsführer Gottfried an.

Neubau und Sanierung

Beim Neu- und Umbau des Anbindestalles in einen Laufstall in den Jahren 2003 und 2004 wurde auf größtmöglichen Tierkomfort geachtet. Es wurden Tiefbuchten mit Stroheinstreu sowie eine automatische Viehbürste eingebaut und eine Liegehalle an den bestehenden Stall errichtet. Der Melkbereich wurde mit einem 8er Side-by-Side-Melkstand ausgestattet, für die bessere Brunsterkennung wurde ein Schrittzähler angeschafft. Am Almgebäude „Niederleger“ wurde der Stall im Jahre 2010 zum Laufstall umfunktioniert, der Hochleger wurde 2015 komplett neu errichtet.

Zukunftsvision

Das Ziel ist es, den Betrieb weiterhin im Vollerwerb durch Mithilfe aller Familienmitglieder zu führen. Bauliche Maßnahmen sind in nächster Zeit nicht geplant, aber Investitionen in Kuhkomfort und Maschinenausstattung werden auch in den nächsten Jahren unerlässlich sein. Die gesunde und vitale Fleckviehkuh, die alpungstauglich und trotzdem leistungsbereit ist, soll auch weiterhin gezüchtet werden.

Direktvermarktung

Den Sommer verbringt Familie Radinger auf der vorderen Achentalalm in Jochberg. Dort entsteht aus der erzeugten Milch in Handarbeit ausgezeichneter, würziger Almkäse. Es sind sogar zwei Almen, die der Landwirt bewirtschaftet, denn zur vorderen Achentalalm gehört auch die höhergelegene Toralm. Der Bauernhof ist während des Winters auch Verkaufsstelle für „Radingers Almkäse“. Hier betreibt der Landwirt einen Ab-Hof-Verkauf und liefert auf Wunsch auch an Kunden in der Umgebung.

Familie Radinger, v.l. Monika, Anni, Gottfried, Gottfried jun. und Matthias

Familie Radinger (v. l.): Monika, Anni, Gottfried, Gottfried jun. und Matthias

Der Boarhof von Familie Radinger in Langkampfen

Der Boarhof von Familie Radinger in Langkampfen

Die Z-Linie vom Betrieb Radinger, Tirol

Die Z-Linie vom Betrieb Radinger, Tirol

VIERTAKT (Volltreffer Pp x Mahango Pp)

VIERTAKT (Volltreffer Pp x Mahango Pp)

Zahara (Mahango Pp) Mutter von Viertakt besticht durch ihr perfektes Exterieur

ZAHARA (V.: Mahango Pp), die Mutter von VIERTAKT, besticht durch ihr perfektes Exterieur.

Exterieurstark mit 7. Abkalbungen - Zenta (Vanstein) Grossmutter von VIERTAKT

Exterieurstark mit sieben Abkalbungen: ZENTA (V.: Vanstein), die Großmutter von VIERTAKT

Die Hochalm der Familie Radinger, eingebettet in einer wunderschönen Kulisse im Tiroler Unterland

Die Hochalm der Familie Radinger, eingebettet in einer wunderschönen Kulisse im Tiroler Unterland

Betriebsdaten

Anni und Gottfried Radinger vulgo Boarbauer, Obere Dorfstrasse 1, Langkampfen, Tirol

Lage: 520 m ü. MH; Ø 1400 mm Niederschlag

Familienmitglieder: Anni und Gottfried (Betriebsleiterehepaar) mit den Kindern Gottfried jun. (Hofnachfolger), Monika und Matthias

Betriebsgröße:
22,5 ha Grünlandfläche (davon 13 ha Pachtfläche); 3,5 ha Maisfläche; 3 ha Wald; 250 ha Alm im Eigenbesitz

Fütterung
Kühe: Aufgewertete Mischration bestehend aus 1. bis 5. Schnitt mit Eiweiß- und Energiekraftfutter und Maissilage (kein Grundfutterzukauf); tägliche Heuzufütterung und Strohergänzung nach Bedarf; leistungsbezogene Kraftfutterversorgung über Transponderfütterung
Kalbinnen: Mischration (Heu und Silage) von extensiveren Flächen – kein Kraftfutter
Kälber: 12-wöchige Tränkephase mit angesäuerter Vollmilch; Einzelboxenhaltung in Iglus und Gruppenhaltung auf Stroh; Kälber-TMR; Heu frei zur Verfügung

Stall/Melken:
Laufstall mit Tiefbuchten; 8er Side-by-Side; Jungrinder, Kalbinnen und Trockensteher auf Hochbuchten; Kälber auf Tiefstreu

Maschinenausstattung
Vollausstattung aller Erntegeräte und Geräte für die Wirtschaftsdüngerausbringung (Auslagerung Siloballenpressen und Maisernte)

Herdenkennzahlen:
Ø Zellzahl 145.000
Ø Erstkalbealter 28,2 Monate
Ø Zwischenkalbezeit 366 Tage
Ø Lebensleistung 23.113 kg Milch

Herdenleistung: 

Herdenleistung Betrieb Radinger

Autor: Hannes Leitner, Rinderzucht Tirol