Selektives Trockenstellen

Die Zunahme bakterieller Krankheitserreger, die gegenüber Antibiotika weniger empfindlich oder sogar völlig resistent geworden sind, ist weltweit zu einer großen Herausforderung geworden. Im Visier der Ursachenforscher steht unter anderem der übermäßige und unsachgemäße Gebrauch der Antibiotika in der Tierhaltung. Für das Trockenstellen von Milchkühen wurde ein Konzept entwickelt, mit dem der Antibiotikaeinsatz reduziert werden kann.

Auf Milchviehbetrieben werden Antibiotika häufig zur Behandlung von Euterentzündungen herangezogen. Besonders gute Erfolge werden bei der Behandlung mit Langzeitpräparaten in der Trockenstehzeit erzielt. Zusätzlich bietet der Einsatz von Antibiotika einen guten Schutz vor Neuinfektionen in der Trockenstehzeit und wurde so auf den meisten Milchviehbetrieben zu einem wichtigen Eckpfeiler in der Therapie und Prophylaxe von Mastitiden.

Zitzenreinigung; Foto ÖTGD Film

Der vorbeugende Einsatz von Antibiotika steht heutzutage aber unter Kritik und ist in den Leitlinien für den sorgfältigen Umgang mit antibakteriell wirksamen Tierarzneimitteln klar reglementiert: Der Einsatz von Antibiotika ist nicht dazu bestimmt, unzureichende Haltungsbedingungen, Managementfehler oder mangelhafte Hygienestandards bei der Betreuung trockenstehender Kühe zu kompensieren, sondern nur für die Behandlung subklinischer oder chronischer Euterinfektionen vorgesehen.

Das Konzept des Selektiven Trockenstellens

Um zu entscheiden, welche Kuh antibiotisch behandelt werden soll und welche auch ohne antibiotischen Schutz trockengestellt werden kann, wurde das Konzept des Selektiven Trockenstellens entwickelt: Beim Selektiven Trockenstellen wird die Gabe von antibiotischen Trockenstellpräparaten auf infizierte (Erreger in der Milch nachweisbar) oder zumindest erkrankte Tiere (erhöhte Zellzahl , > 100.000 Zellen pro ml in der Milch) beschränkt.

Als Entscheidungskriterien werden zumeist die Zellzahlmessungen des aktuellen Tagesberichtes des LKV und die Ergebnisse der Schalmtestuntersuchung am Tag des Trockenstellens herangezogen. Tiere mit einem Zellgehalt unter 100.000 Zellen/ml und einem Schalmtest ohne Befund bzw. bei dem kein Viertel ein positives (++) oder stark positives (+++) Ergebnis aufweist, werden ohne antibiotische Behandlung trockengestellt.

Bei verdächtigen Tieren mit Zellzahlwerten zwischen 100.000 und 200.000 Zellen/ml ist die weitere Vorgehensweise vom Ergebnis des Schalmtestes abhängig. Bei negativen Schalmtestwerten sollte kein antibiotischer Trockensteller angewendet werden. Bei positiven Schalmtestergebnissen sollte das Tier unter antibiotischem Schutz trockengestellt werden.

Euterkranke Tiere mit Zellzahlwerten über 200.000 Zellen pro ml Milch und Kühe, die in der vorangegangenen Laktation mehrfach aufgrund von hoher Zellzahl oder klinischen Mastitiden auffällig waren, sollten ebenfalls antibiotisch trockengestellt werden. Im Diagramm 1 ist der Entscheidungsbaum zur Auswahl der Tiere, die ohne oder mit Antibiotikum trockengestellt werden können, dargestellt. Auch der Film „Trockenstellen von Milchkühen“ des Österreichischen Tiergesundheitsdienstes bietet wichtige Informationen.

(Auszug aus dem Artikel „Selektives Trockenstellen“ von Dr. Simone Steiner, Dip. ECBHM, ZAR; Fleckvieh Austria Magazin 1/21)